Südafrika im Jahr 2010. Im Endspiel um die Fußballweltmeisterschaft trifft Deutschland auf den Erzrivalen Niederlande. In der 90. Minute steht es nach einem hochklassigen Spiel 2 zu 2. Da stürmt der der Niederländer Arjen Robben mit dem Ball am Fuß in den Strafraum und umspielt auch noch Torhüter Manuel Neuer. Unmittelbar bevor er den Ball ins leere Tor schieben kann, wird er dann aber von einem deutschen Verteidiger von den Beinen geholt. Der Schiedsrichter zeigt sofort auf den Elfmeterpunkt.
Mär statt Fußballweisheit
Robben schnappt sich den Ball, läuft an und schießt – aber der deutsche „Goalie“ fliegt ins bedrohte Eck und hält. Der Gefoulte sollte halt niemals selber zum Strafstoß antreten, das ist doch klar.
Irrtum, sagen Forscher der Universität Halle-Wittenberg (LMU). Ihren Ergebnissen zufolge ist die alte Fußballweisheit eine Mär. In einer Studie nahmen sie alle Foulelfmeter in der Bundesliga zwischen 1993 und 2005 unter die Lupe. Dabei stellte sich heraus, dass die Erfolgsquote von vorher gefoulten Schützen mit 73 Prozent fast genauso hoch ist wie die anderer Spieler (75 Prozent).
Hartnäckige Mythen
„Dieser Unterschied liegt im Rahmen der zufälligen Schwankung und lässt somit nicht auf einen echten Effekt schließen“, erklärt der Leiter der Studie, Oliver Fuß, im April 2007 im Fachblatt „Journal of Sports Science“.
„‚Lasst ruhig den Gefoulten schießen! Könnte nun unser Rat an die Trainer sein. Jedenfalls braucht sich keiner mehr von dem alten Mythos beeinflussen lassen, dass Selbstschießen Unglück bringt“, ergänzt Professor Oliver Stoll, der Co-Autor des Reports. „Mythen halten sich lange. Aber gerade im Sport ist meist wenig Wahres dran.“
Dieter Lohmann
Stand: 11.06.2010