Der Gebrauch von Werkzeugen zur Verbesserung unserer Lebensqualität ist eine der wesentlichen kulturellen Errungenschaften des Menschen. Die digitale Technologie ist ein solches Werkzeug, das weit über unser Vorstellungsvermögen hinausgewachsen ist. Sie greift so tief in unser berufliches und privates Leben ein, dass die Grenzen zwischen digitalem und analogem Bereich immer mehr verschwimmen.
Durch mediales Multitasking überfordert?
Die Sorge wächst, dass unsere digital erweiterte Umgebung in einem Ausmaß mit Informationen überladen ist, dass die Nachteile, die für die menschliche Wahrnehmung daraus erwachsen, gegenüber den Vorteilen der digitalen Medien weit überwiegen. Dies passt zu der Tatsache, dass es kognitiv sehr herausfordernd ist, mehrere Dinge auf einmal zu tun („Multitasking“), egal ob es sich hierbei um digitale Technologien handelt oder nicht.
Aber kann die Auffassung, dass die digitale Technologie langfristig negative Effekte auf die Wahrnehmung hat, empirisch belegt werden? Eine Pionierstudie auf diesem Gebiet hat gezeigt, dass Personen, die häufig mehrere Medien parallel nutzen (heavy media multitaskers), sich leichter als light media multitaskers durch unwichtige Informationen aus der Umgebung stören lassen. Obwohl die Studienlage heterogen ist, weist doch eine Mehrzahl der empirischen Arbeiten darauf hin, dass Personen mit starkem Multitasking mit digitalen Medien schlechtere kognitive Leistungen zeigen.
Eine wichtige ungeklärte Frage ist hierbei jedoch die Frage der Kausalität: Verursacht das Medien-Multitasking tatsächlich die beobachteten schlechteren kognitiven Leistungen, oder zeigen Personen mit bereits bestehenden Verhaltenstendenzen wie Impulsivität verstärkt problematisches Mediennutzungsverhalten? Diese kausalen Zusammenhänge zu verstehen, wird entscheidend sein, um angemessene Interventionen zu entwickeln, also um zum Beispiel zu entscheiden, ob Mediennutzung reduziert oder präventiv ein erhöhtes Risikobewusstsein hergestellt werden sollte.
Nachschauen statt Selbermerken
Die Möglichkeit, Computer und Smartphones als externe Gedächtnishilfen zu nutzen, hat ebenfalls starke Auswirkungen darauf, wie unser Gehirn Informationen speichert. Dies zeigt sich sehr eindrücklich am Beispiel des „Google-Effekts“: Dieser besagt, dass Informationen schneller vergessen werden, wenn man der Meinung ist, durch Internetsuche jederzeit auf diese Information zugreifen zu können. Ein ähnlicher Befund ist der sogenannte „Photo-taking Impairment- Effekt“. Er besagt, dass das Fotografieren im Vergleich zum passiven Beobachten eines Ereignisses die Erinnerung daran vermindert.
Andererseits finden sich auch in diesem Bereich positive Konsequenzen der Computernutzung: Wird der Computer als strategisches Hilfsmittel genutzt, kann dies erwiesenermaßen Ressourcen für andere kognitive Anforderungen freisetzen und die Gedächtnisleistung verbessern – was in früheren Studien auch schon im Zusammenhang mit nichtdigitalen Gedächtnishilfen nachgewiesen wurde.
Somit reflektieren die Auswirkungen digitaler Technologien auf die menschlichen kognitiven Leistungen mit hoher Wahrscheinlichkeit fundamentale Prinzipien der Auseinandersetzung des menschlichen Gehirns mit seiner Umwelt. Um die Effekte digitaler Technologien auf das menschliche Denken und Handeln zu verstehen, ist daher eine vertiefte Auseinandersetzung mit den kognitiven Prozessen des menschlichen Gehirns weiterhin zwingend notwendig.