Anthropogeographie

Der heilige Berg

Phnom Kulens bewegte Geschichte

Wohl kaum irgendwo in Kambodscha liegen Himmel und Hölle so nahe beieinander wie in Phnom Kulen. Denn dieses Hügelgebiet beherbergte in seiner Vergangenheit sowohl Massenmörder als auch Gottkönige. Und nicht nur das: Erst vor Kurzem entpuppte sich Phnom Kulen als die sagenumwobene Geburtsstätte des Khmerreiches.

Regenwald, Wasserfälle und unwegsames Gelände: Viele Bereiche des Phnom Kulen sind kaum zugänglich. © yeowatzup / CC-by-sa 2.0

Auf den ersten Blick sieht man dem gebirgigen Plateau seine bewegte Geschichte nicht an: Dichter Regenwald bedeckt Teile dieses wie eine Senke geformten Plateaus. Nur wenige Wege und eine Handvoll Dörfer gibt es in diesem Dschungel. Der Rest von Phnom Kulen ist inzwischen gerodet und von Cashew-Plantagen und Feldern bedeckt. Obwohl Phnom Kulen nur rund 40 Kilometer von Angkor Wat entfernt liegt, könnte der Kontrast zum dortigen Touristenrummel kaum größer sein.

Bastion der Massenmörder

Genau diese Unwegsamkeit machte Phnom Kulen im Jahr 1979 zu einem idealen Rückzugsort für eine der brutalsten Guerillabewegungen Asiens: die Roten Khmer. Diese kommunistisch-nationale Gruppierung ergriff in den Nachwehen des Vietnamkrieges die Macht in Kambodscha. Unter ihrem Anführer Pol Pot führten die Roten Khmer jahrelang mörderische Säuberungsaktionen in der Bevölkerung durch und vertrieben die Menschen mit Gewalt aus den Städten. Schätzungen nach könnten dabei bis zu zwei Millionen Menschen gestorben sein.

Pol Pot und seine Roten Khmer zogen sich auf den Phnom Kulen zurück - und verminten dort viele Areale. © Romanian Communism Online Photo Collection

Als 1979 vietnamesische Truppen nach Kambodscha einmarschierten und Pol Pot stürzten, gingen die Roten Khmer in den Untergrund – und wählten den Phnom Kulen als ihre Bastion. Im unwegsamen Dschungel versteckt und durch hunderte von überall vergrabenen Landminen geschützt, wehrten die Roten Khmer über Jahre jeden Angriff ab. Erst im Jahr 1998 starb Pol Pot und die restlichen Kämpfer ergaben sich.

Die lange Besatzung von Phnom Kulen durch die Roten Khmer hinterließ eine traumatisierte Bevölkerung und ein wahres Minenfeld an Sprengfallen. Das Dschungelplateau blieb daher zunächst kaum besucht und erforscht.

In den Stein geritzte Figuren der Götter Vishnu und Lakshmi am Fluss Kbal Spean © Photo Dharma / CC-by-sa 2.0

…und Ort der Götter

Doch Phnom Kulen hat auch eine andere Seite: Schon seit Jahrhunderten gilt diese Bergregion für Hindus und Buddhisten als heilig. Am und im Fluss Kbal Spean zeugen davon hunderte in den Stein gemeißelte Reliefs. Sie zeigen hinduistische Götterfiguren, Tiere und religiöse Symbole, aber auch Inschriften treten bei Niedrigwasser zutage. Skulpturen der Hindugötter Vishnu und Shiva stehen entlang der Flussufer.

Das Ziel vieler buddhistischer Pilger ist dagegen das Kloster Preah Ang Thom. In ihm ragt eine riesenhafte liegende Buddhastatue über den Mönchen und Pilgern empor – die größte Kambodschas.

Noch viel wichtiger und geheimnisvoller aber ist Phnom Kulens Verbindung zu den Wurzeln des alten Khmerreiches…

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Nadja Podbregar
Stand: 19.05.2017

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In den Schlagzeilen

Inhalt des Dossiers

Die verschollene Stadt der Khmer
Auf den Spuren von Mahendraparvata

Der heilige Berg
Phnom Kulens bewegte Geschichte

Die Entdeckung
Laser-Fahndung im Regenwald

Masterplan für Angkor
Die Baukunst von Mahendraparvata

Viele Rätsel bleiben
Spiralen, Dome und der Niedergang

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