Sie schlüpfen in den Gebirgsflüssen Alaskas, und ihre Kindheit ist alles andere als idyllisch. Mit aller Kraft stemmen sie ihre jungen Körper gegen die Strömung, um nicht aus ihrer Kinderstube fortgerissen zu werden. Doch dann fangen sie an zu wachsen. Ihr dunkelblau-gestreiftes Schuppenkleid verwandelt sich in ein schillerndes Silber. In den Bergen hält sie dann nichts mehr. Lachse sind Abenteurer, oder biologisch korrekt: Wanderfische.
Phänomen Lachswanderung
Jedes Frühjahr lassen sich ganze Schwärme von Jungtieren stromabwärts zur Pazifikküste treiben; von dort geht es noch mal dreitausend Kilometer in Richtung Norden, ins Schlaraffenland vor die Küsten Grönlands. Jahre später kehren sie dann, fettgefressen und paarungsbereit, in ihre heimatlichen Gebirgsbäche zurück, wo sie ihren Laich ablegen und erschöpft von der langen Reise sterben. Eines ist klar: Wer so einen Trip ohne größere Irr- und Umwege meistert, muss mit einem perfekten Orientierungssinn ausgestattet sein.
Biologen gehen davon aus, dass sich Lachse nach dem Stand der Sonne richten, nachts nach den Gestirnen. Die Fische sind außerdem mit einem extrem empfindlichen Geruchssinn gesegnet. Den Duft ihrer Heimatgewässer, eine ganz besondere Mischung aus Pflanzenresten und Sedimenten, nehmen sie wahrscheinlich schon aus mehreren hundert Kilometern Entfernung wahr.
Innerer Kompass hilft bei der Orientierung
Und: Lachse orientieren sich am natürlichen Magnetfeld der Erde. Sie scheinen einen sechsten Sinn zu haben, eine Art inneren Kompass, mit dem sie die Feldlinien des Erdmagnetfelds wahrnehmen und ihre Reiseroute entsprechend anpassen können. „Wir können die Schwimmrichtung von Fischen im Labor mit künstlichen Magnetfeldern beeinflussen“ sagt Michael Winklhofer von der Ludwig-Maximilians- Universität München (LMU). „Die Frage ist nur: Was genau passiert dabei?“
Der Biogeophysiker fahndet nach den Antennen im Fischkörper, die das Magnetfeld der Erde auffangen und in für die Tiere sinnvolle Informationen umwandeln können. Zusammen mit seinen Kollegen will er das Rätsel lösen, für das sich Biologen seit Jahrzehnten brennend interessieren.
Marieke Degen, Magazin Einsichten/ LMU München
Stand: 01.04.2011