Zoologie

Der innere Kompass

Lachse: fehlerfreie Navigation über Tausende von Kilometern

Sie schlüpfen in den Gebirgsflüssen Alaskas, und ihre Kindheit ist alles andere als idyllisch. Mit aller Kraft stemmen sie ihre jungen Körper gegen die Strömung, um nicht aus ihrer Kinderstube fortgerissen zu werden. Doch dann fangen sie an zu wachsen. Ihr dunkelblau-gestreiftes Schuppenkleid verwandelt sich in ein schillerndes Silber. In den Bergen hält sie dann nichts mehr. Lachse sind Abenteurer, oder biologisch korrekt: Wanderfische.

Lachse schwimmen flussaufwärts um zu ihren Laichplätzen zu gelangen, hier im Ketchikan Creek in Alaska. © Wknight94 / CC-by-sa 3.0

Phänomen Lachswanderung

Jedes Frühjahr lassen sich ganze Schwärme von Jungtieren stromabwärts zur Pazifikküste treiben; von dort geht es noch mal dreitausend Kilometer in Richtung Norden, ins Schlaraffenland vor die Küsten Grönlands. Jahre später kehren sie dann, fettgefressen und paarungsbereit, in ihre heimatlichen Gebirgsbäche zurück, wo sie ihren Laich ablegen und erschöpft von der langen Reise sterben. Eines ist klar: Wer so einen Trip ohne größere Irr- und Umwege meistert, muss mit einem perfekten Orientierungssinn ausgestattet sein.

Biologen gehen davon aus, dass sich Lachse nach dem Stand der Sonne richten, nachts nach den Gestirnen. Die Fische sind außerdem mit einem extrem empfindlichen Geruchssinn gesegnet. Den Duft ihrer Heimatgewässer, eine ganz besondere Mischung aus Pflanzenresten und Sedimenten, nehmen sie wahrscheinlich schon aus mehreren hundert Kilometern Entfernung wahr.

Atlantiklachs © NOAA

Innerer Kompass hilft bei der Orientierung

Und: Lachse orientieren sich am natürlichen Magnetfeld der Erde. Sie scheinen einen sechsten Sinn zu haben, eine Art inneren Kompass, mit dem sie die Feldlinien des Erdmagnetfelds wahrnehmen und ihre Reiseroute entsprechend anpassen können. „Wir können die Schwimmrichtung von Fischen im Labor mit künstlichen Magnetfeldern beeinflussen“ sagt Michael Winklhofer von der Ludwig-Maximilians- Universität München (LMU). „Die Frage ist nur: Was genau passiert dabei?“

Der Biogeophysiker fahndet nach den Antennen im Fischkörper, die das Magnetfeld der Erde auffangen und in für die Tiere sinnvolle Informationen umwandeln können. Zusammen mit seinen Kollegen will er das Rätsel lösen, für das sich Biologen seit Jahrzehnten brennend interessieren.

  1. zurück
  2. 1
  3. |
  4. 2
  5. |
  6. 3
  7. |
  8. 4
  9. |
  10. 5
  11. |
  12. 6
  13. |
  14. weiter

Marieke Degen, Magazin Einsichten/ LMU München
Stand: 01.04.2011

Keine Meldungen mehr verpassen – mit unserem wöchentlichen Newsletter.
Teilen:

In den Schlagzeilen

Inhalt des Dossiers

Der Magnetsinn zeigt den Weg
Rätsel um den „sechsten Sinn“ der Tiere

Der innere Kompass
Lachse: fehlerfreie Navigation über Tausende von Kilometern

Desorientierte Brieftauben und „sture“ Hummer
Warum Verhaltensexperimente zur Orientierung so schwierig sind

Magnetische Kristalle sind der Schlüssel
Die Entdeckung der Magnetosomen

Wie orientieren sich Fische?
Der Funktionsweise des inneren Kompasses auf der Spur

Erbe der Evolution?
Wann entstand die Magnetitbildung?

Diaschauen zum Thema

News zum Thema

Auch Füchse haben einen Magnetkompass
Magnetsinn hilft bei der Jagd auf Beute

Zugvögel fliegen nach Karte und Kompass
Eisenkristalle im oberen Teil des Schnabels fungieren als zweiter Magnetsinn

Kuhherden grasen nach dem Kompass
Ausrichtung der Herden weltweit nach der magnetischen Nordsüdrichtung

Fledermaus-Kompass enträtselt
Magnet-Mineral in den Zellen dient als Magnetsensor

Hühner mit Magnetsinn
Nicht nur Zugvögel orientieren sich am Magnetfeld der Erde

Licht eicht Zugvogel-Kompass
Freier Blick auf den Horizont entscheidend

Dossiers zum Thema

Zugvögel - Von Interkontinentalflügen und Weltenbummlern