Die Challenger erreichte schließlich Australien und legte in Melbourne und Sydney, sowie im neuseeländischen Wellington an. Sie meisterte dabei auch die tückischen Strömungen der Cook-Straße zwischen den beiden Hauptinseln Neuseelands. Tonga, Fidschi und die Inseln Indonesiens und der Philippinen waren die nächsten Ziele.
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Die Forschungsarbeit ging über das Vermessen des Meeresbodens und das Sammeln von Proben auf offener See hinaus. Von Nord- und Südamerika über Südafrika und Australien bis Japan, und auf kleinen Inseln in Atlantik und Pazifik, verbrachte die Challenger einen großen Teil der Zeit in verschiedensten Häfen. Dies gab der Mannschaft einerseits Abwechslung vom wochenlangen Leben auf See. Andererseits sammelten die Expeditionsteilnehmer aber auch Pflanzen und Tiere an Land. Darüber hinaus begegneten sie zahlreichen unterschiedlichen Kulturen.
Hochrangige Schaulustige
Wo immer die Challenger anlegte, traf sie auch auf großes öffentliches Interesse. Die wissenschaftliche Expedition war ein Unternehmen nie dagewesener Größenordnung und lockte viele Neugierige an. Dazu gehörten neben zahlreichen Schaulustigen auch hochgestellte Persönlichkeiten: Die Mannschaft der Challenger begegnete auf ihren Reisen unter anderem dem König von Portugal, dem Kaiser von Japan, aber auch Häuptlingen von Eingeborenenstämmen, etwa auf den Fidschi-Inseln.
Viele Tageszeitungen verfassten regelmäßige Berichte über den Fortschritt der Expedition. Fachzeitschriften wie die „Nature“ druckten bereits erste Ergebnisse, noch bevor die Expedition abgeschlossen war. Die Wissenschaftler begannen bereits an Bord, die ersten wissenschaftlichen Artikel zu schreiben – und bereits diese aufregenden Ergebnisse schlugen hohe Wellen in der wissenschaftlichen Welt.
Die Besatzung schrumpft
Während eines mehrwöchigen Aufenthaltes in Hongkong geschah ein Umbruch an Bord der Challenger: Kapitän George Nares verließ im November 1874 das Schiff. Nares war per Telegramm aufgefordert worden, nach Großbritannien zurückzukehren. Für eine geplante britische Expedition in die Arktis war ein erfahrener Kapitän nötig.
Neuer Kapitän der Challenger wurde Frank Tourle Thomson. Kapitän Nares war nicht der einzige Verlust, den die Besatzung der Challenger hinnehmen musste. Ursprünglich hatte die Besatzung aus sechs Wissenschaftlern, 21 Offizieren und 216 Besatzungsmitgliedern bestanden. Am Ende der Reise waren noch 144 Menschen an Bord.
Sieben Todesfälle gab es während der Expedition zu beklagen, und 26 Expeditionsteilnehmer konnten wegen Unfällen oder Infektionen die Reise nicht fortsetzen. Kapitän Nares nahm insgesamt fünf Mannschaftsmitglieder mit in die Arktis. Die restlichen fehlenden Besatzungsmitglieder waren desertiert: Sie flohen der eintönigen Arbeit an Bord, oder erlagen den verlockenden exotischen Orten, die die Challenger besuchte.
Ansgar Kretschmer
Stand: 24.07.2015