Aktuell spalten sich die Krampfforscher in zwei Lager: Einige sehen in einem Elektrolytmangel den Auslöser für Muskelkrämpfe, andere dagegen halte eine Deregulation der Muskelsteuerung durch Übermüdung für die wahrscheinliche Ursache. Doch welche Annahme stimmt?

Mehr Krämpfe bei heißem Wetter
Der Frankfurter Sportmediziner Michael Behringer versucht zwischen diesen Hypothesen eine Brücke zu schlagen, indem er den Flüssigkeitsverlust als gemeinsames Element beider Theorien annimmt. Dafür spreche einerseits, dass Menschen im Sommer häufiger zu Krämpfen neigen. So konnte in einer Untersuchung gezeigt werden, dass bei Google das Stichwort „Wadenkrämpfe“ in den heißen Monaten weitaus häufiger eingegeben wird. Schwitzen durch körperliche Aktivität bei feuchtwarmem Wetter scheint also die Krampfneigung zu verstärken.
„Das konnte man auch in einem besonders heißen Sommer bei den Wimbledonspielen sehen“, sagt der Forscher. „Damals mussten ungewöhnlich viele Spiele wegen Krämpfen abgebrochen werden.“ Andererseits spricht für die Schwellnus-Theorie des gestörten Regelkreises zwischen Muskelfasern und Rückenmark, dass ein Wadenkrampf sich schnell durch Dehnung löst, indem man die Zehenspitzen anzieht. Außerdem lassen sich Muskelkrämpfe nur schwer auslösen, wenn die Reizleitung zwischen Muskel und Rückenmark durch ein lokales Betäubungsmittel vorübergehend ausschaltet wird.
Flüssigkeitsmangel als Bindeglied
Nach Ansicht von Behringer könnte der Flüssigkeitsverlust das verbindende Element zwischen diesen Phänomenen bilden, weil er die Deregulation der Muskelsteuerung verstärken kann. Das Zusammenspiel von Nervenimpulsen, die Muskelspannung und -entspannung steuern, ist gestört, weil der Muskel bei Flüssigkeitsmangel an Volumen verliert. Das wiederum, so die aktuelle Theorie, erhöht die Wahrscheinlichkeit für spontane periphere, also aus der Umgebung des Nervs kommende Aktivierungen.