Turing war nicht nur ein genialer Mathematiker und innovativer Forscher, er war auch der Mann, der seine Teetasse an die Heizung kette, damit sie ihm nicht gestohlen wurde. Oder der beim Fahrradfahren eine Gasmaske trug, um sich vor umherfliegenden Pollen zu schützen. Turing, dem einige Forscher heute bescheinigen, er habe Züge des Asperger-Syndroms gehabt, war in vielen alltäglichen Dingen so verschroben und unbeholfen, wie er genial in seiner Wissenschaft war.

Der Wissenschaftler war zudem an den ungelösten Problem von Mathematik, Technik oder auch Biologie weitaus mehr interessiert als an sinnvollen Karrierestrategien. Daher vernachlässigte Turing auch eine der Grundregeln der heutigen, aber auch schon damaligen wissenschaftlichen Arbeit: „Publish or perish“ – veröffentliche oder gehe unter. Das zumindest meint Andrew Hodges, Mathematiker an der University of Oxford und Autor der Biografie Alan Turings.
„Er hat in wissenschaftlichen Journalen nie berichtet, dass er schon 1945 herausgefunden hatte, wie er seine universelle Maschine von 1936 in einen praktisch anwendbaren elektronischen Computer umsetzen kann“ so Hodges. Auch seine umfangreichen Computerpläne der Jahre 1946 bis 1948 seien zunächst unveröffentlicht geblieben – eine ungenutzte Chance, seine Rolle für die Entwicklung der ersten Computer festzuschreiben. Viele Schriften Turings wurden allerdings auch wegen seiner geheimen Tätigkeit für die britische Regierung erst Jahrzehnte nach Kriegsende freigegeben und veröffentlicht.
In den Tod getrieben
Das allein ist aber nicht der Grund, warum Turing von seinen Verdiensten – sei es für die Computertechnik, die Entschlüsselung der Enigma-Codes oder die Morphogenese – kaum etwas hatte. Warum er jahrzehntelang fast vergessen war und höchstens unter „ferner liefen“ in den Geschichtsbüchern auftauchte. Und warum er schon mit 42 Jahren starb – von eigener Hand. Am 8. Juni 1954 fand ihn seine Putzfrau tot in seinem Haus in Wilmslow in der Nähe von Manchester. Neben seinem Bett lag ein halb gegessener Apfel, der wahrscheinlich mit dem tödlichen Gift Zyanid versetzt war.