Wenn es eine kosmische Inflation gab, dann stellt sich die Frage nach dem Warum und Wie: Was hat sie ausgelöst? Welche Kraft könnte die ungeheure Anziehung des auf kleinstem Raum zusammengeballten Universums-Keims überwinden? Noch gibt es auf diese Frage keine eindeutige Antwort – diverse Theorien aber schon.
Schwarzes Loch statt Kosmos
Nach der klassischen Urknall-Theorie begann alles vor rund 13,8 Milliarden Jahren mit einem Punkt unendlicher oder zumindest extrem hoher Dichte. In diesem Punkt waren die gesamte Energie und Materie des Kosmos konzentriert – quasi wie in einer Art „Urkeim“. Das Problem dabei: Ein Ort von so enormer Dichte besitzt eine gewaltige Schwerkraft – und die müsste jede Ausdehnung verhindern.
Theoretisch hätte unser Universum daher schon vergehen müssen, bevor es richtig entstanden war. „Sein extrem starkes Gravitationsfeld hätte es in ein Schwarzes Loch verwandeln und aus der Existenz zurück in die Singularität katapultieren müssen, sobald es geboren wurde“, beschreibt der britische Astrophysiker John Gribbin diesen kosmischen Fehlstart. Aber die Theorie der kosmischen Inflation löst dieses Dilemma. Denn sie beschreibt nicht nur, was in diesen entscheidenden Sekundenbruchteilen nach dem Urknall geschah, sie liefert auch einen physikalischen plausiblen Mechanismus dafür.
Felder und ein falsches Vakuum
Die Basis dieses Inflations-Mechanismus bildet ein Skalarfeld. Dieses ist nichts anderes als eine Funktion, die an jedem Punkt des Raumes einen bestimmten Wert hat. Die Temperatur oder Dichte sind beispielsweise ein solches Feld, aber auch das berühmte Higgs-Feld, das allen Teilchen ihre Masse verleiht. Viele dieser Skalarfelder haben ihren stabilsten Zustand, wenn ihre Intensität am niedrigsten ist.
Doch es gibt auch Ausnahmen, unter ihnen das Higgs-Feld. Dieses verharrt auf einer Art Plateau, einem vorübergehend stabilen Zustand auf einem höheren Energieniveau. Der US-Physiker Alan Guth bezeichnet diesen Zustand als „falsches Vakuum“ – falsch deshalb, weil dieser Zustand nur temporär ist. Vergleichen lässt sich dies mit einem Ball, der zunächst stabil auf einer Tischplatte liegt. Bekommt er jedoch einen Schubs, rollt er über die Tischkante und fällt auf den Boden. Der Boden entspräche in diesem Beispiel dem „wahren Vakuum“, einem dauerhaft stabilen Zustand minimaler Energie.
Gegenspieler der Gravitation
Nach Vorstellung von Guth war ein solches falsches Vakuum auch die Triebkraft für die kosmische Inflation. Demnach existierte direkt nach dem Urknall ein Skalarfeld – das Inflaton-Feld – in diesem metastabilen Zustand. Dieses Feld übte aufgrund seiner spezifischen Energiedichte und Konformation einen starken negativen Druck aus. „Mechanisch entspricht ein solcher negativer Druck einem Saugeffekt“, erklärt Guth. Dadurch aber wurde dieses Inflaton-Feld zu einem Gegenspieler der Gravitation: Es erzeugte eine abstoßende Wirkung, die die explosive Ausdehnung des Ur-Kosmos bewirkte.
Noch ist allerdings unklar, wie genau dieses Inflaton-Feld aussah und ob damals vielleicht sogar mehrere Skalarfelder gemeinsam die kosmische Inflation in Schwung brachten. Tatsächlich gibt es inzwischen bereits hunderte von Modellen der kosmischen Inflation – und jedes ist ein wenig anders. Eines allerdings ist allen gemeinsam: Beweise für diese dramatische Phase fehlen bisher.
Nadja Podbregar
Stand: 22.05.2015