Wer glaubt, Psychopathen begegne man nur im kriminellen Milieu oder im Gefängnis, der irrt. Zwar sind Menschen mit psychopathischen Wesenszügen unter den gewalttätigen Schwerverbrechern überproportional stark vertreten. Aber auch in den Chefetagen vieler Unternehmen sind sie keine Seltenheit – im Gegenteil.

Manager, Juristen und Chirurgen
Schon der Psychologe Robert Hare kam 2006 zu dem Schluss, dass knapp vier Prozent der Führungskräfte in Unternehmen Psychopathen sind – in der breiten Bevölkerung sind sie nur zu rund einem Prozent vertreten. Andere Studien kommen sogar auf deutlich höhere Werte: So ermittelten australische Forscher im Jahr 2016, dass jeder fünfte Spitzenmanager in US-Unternehmen psychopathische Wesenszüge zeigt.
In welchen Branchen und Berufen Menschen mit psychopathischen Tendenzen besonders häufig erfolgreich sind, hat der britische Psychologe Kevin Dutton vor einigen Jahren untersucht. Unter den Top drei sind demnach CEOs, Rechtsanwälte und Führungspositionen im Fernsehen und Radio. Aber auch Chirurgen, Menschen im Vertrieb, Polizisten, Journalisten, Verwaltungsleiter und Chefköche zeigen überproportional häufig psychopathische Züge. Eher selten findet man Psychopathen dagegen in sozialen Berufen, als Therapeuten, Lehrer oder auch als Handwerker.
Stressresistent, überzeugend und risikofreudig
Der Grund: Psychopathen besitzen oft Persönlichkeits-Merkmale, die eine Karriere in bestimmten Branchen fördern. „Diejenigen an der Spitze sind oft besonders charmant und intelligent, aber haben emotionale Defizite“, erklärt Carolyn Bate von der University of Huddersfield. Das hilft ihnen dabei, rücksichtlos und angstfrei zu agieren und selbst in Stresssituationen einen kühlen Kopf zu bewahren. Beim Aufstieg auf der Karriereleiter gehen sie sprichwörtlich über die Leichen ihrer Kollegen.