Praktisch haben Physiker noch keine Möglichkeit, einzelne Teilchen in dem Gitter anzusprechen, um auf ihm Informationen abzulegen oder wieder herauszulesen. Üblicherweise verwenden sie Laser, um den Zustand eines Teilchens zu verändern und abzulesen. Doch kein Laser ist fein genug, um aus den eng beieinander sitzenden Teilchen in einem optischen Gitter eins herauszupicken.
Genau hier hat der Ansatz seine Stärke, den Tobias Schätz mit seiner Arbeitsgruppe verfolgt. Er möchte eine Kette von Magnesiumionen in einem elektrischen Wechselfeld fangen, um sie zu einem Quantensimulator zu verschränken. Die Ionen sollen sich in der Falle mit rund drei Mikrometer Abstand voneinander anordnen, genug Platz, um sie einzeln mit einem Laser zu adressieren. An vielleicht einer Hand voll Ionen wollen Schätz und seine Kollegen die Anleitung für ein Experiment abarbeiten, die ebenfalls aus Ignacio Ciracs Abteilung stammt.
Ihr Ziel ist dabei zunächst ein Quantensimulator – eine abgespeckte Version des Quantencomputers. Ein Quantensimulator könnte Physikern bereits in relativ naher Zukunft helfen, etwa die Hochtemperatur- Supraleitung zu verstehen. „Wir wollen ein unbekanntes quantenmechanisches System mit einem bekannten simulieren“, sagt Tobias Schätz. In mancher Hinsicht arbeitet ein Quantensimulator ähnlich wie ein Quantencomputer. Doch einige der besonders kniffligen technischen Probleme stellen sich bei ihm gar nicht: Etwa wie sich die geballte Information in einem Überlagerungszustand auseinander definieren lässt.
Was passiert am „Übergang“?
Schätz und seine Mitarbeiter möchten in ihrem Experiment zunächst aufdecken, was in dem Ionensystem bei einem bestimmten magnetischen Übergang vor sich geht: Jedes einzelne Ion verhält sich wie ein kleiner Stabmagnet. Die Nord- und Südpole benachbarter Magnete stoßen sich ab. Daher ordnen sie sich so an, dass der Nordpol des einen Magneten immer neben dem Südpol des nächsten liegt. Wenn nicht ein noch stärkeres Magnetfeld die Stabmagneten von außen alle parallel ausrichtet wie in einem Stück Eisen: Nordpol an Nordpol und Südpol an Südpol.
Genau so ein Magnetfeld werden Schätz und seine Kollegen den Ionen zunächst einmal überstülpen – und dann langsam zurückfahren. „Wir wollen wissen, was passiert, wenn das äußere Magnetfeld gerade so schwach wird, dass die Wechselwirkung zwischen den benachbarten Ionen die Ordnung bestimmt“, sagt Schätz: „Mit diesem Experiment wollen wir auf quantenmechanischer Ebene einen Phasenübergang simulieren.“
Einen Phasenübergang macht Wasser mit, wenn es verdampft, aber auch ein Metall, wenn es seine magnetischen Eigenschaften ändert. „Um mit dem Quantensimulator Erkenntnisse über komplexe Quantensysteme zu gewinnen, die mit klassischen Computern prinzipiell nicht erreichbar sind, müssen wir die Zahl der Ionen aber auf etwa 400 erhöhen“, sagt Schätz. Für einen Quantencomputer müssten es dagegen fast hunderttausend sein.
Muster aus Quantenpunkten
Solch eine Horde von Quantenbits lässt sich vielleicht am besten in einem Festkörper organisieren – in Form von Quantenpunkten. Sie bestehen jeweils aus ein paar tausend Atomen. Ein derartiges Grüppchen nimmt Eigenschaften eines einzigen, künstlichen Atoms an, das ein Bit speichern könnte. Oliver Schmidt und seine Mitarbeiter am Max-Planck-Institut für Festkörperforschung in Stuttgart haben schon ein regelmäßiges Muster von mehreren Millionen Quantenpunkten auf einer Oberfläche gezüchtet. Wie in wirklichen schwirren auch in den künstlichen Atomen Elektronen um ein positives Teilchen, das Halbleiterphysiker als Loch bezeichnen.
Und diese Elektronen drehen mit einem Spin, der vereinfacht gesprochen ihrem Drehimpuls entspricht und das Verhalten eines Teilchens im Magnetfeld bestimmt. Anschaulich notieren Physiker den Spin als Pfeil nach unten oder nach oben. Da liegt es nahe, die eine der beiden Richtungen mit Null zu bezeichnen und die andere mit Eins. Null und Eins könnten aber auch dem Grundzustand und einem angeregten Zustand zugeordnet sein, in den sich ein Elektron per Laserbeschuss befördern lässt.
Stand: 17.11.2006