
„Menschen, die ihre Fähigkeiten präziser einschätzen, sind im Schnitt beruflich erfolgreicher, haben höhere Einkommen und leben sogar gesünder“, erklärt Fabian Kosse von der Universität Würzburg. Denn wer sich selbst und seine körperliche Verfassung realistisch einschätzen kann, der trifft im Schnitt auch bessere Entscheidungen. Zum Beispiel schlägt er einen Karrierepfad ein, der zu ihm passt, oder achtet auf ein ideales Gewicht und vermeidet so die gesundheitlichen Probleme, die mit Unter- oder Übergewicht einhergehen.
Realität versus Wahrnehmung
Doch sich selbst realistisch einzuschätzen und wahrzunehmen, ist gar nicht so einfach wie es klingt. Woher soll ich zum Beispiel wissen, wie genau die Realität überhaupt aussieht? Und wie erkenne ich im nächsten Schritt, ob meine individuelle Wahrnehmung mit dieser Realität übereinstimmt? „Die Wahrnehmung ist die Linse, durch die wir die Realität betrachten. Unsere Wahrnehmungen beeinflussen, wie wir die Realität interpretieren“, erklärt der US-amerikanische Psychologe Jim Taylor in „Psychology Today“.

Wie genau unsere Wahrnehmungslinse geformt ist, hängt zum Beispiel von angeborenen Faktoren ab. So nimmt jemand Farbenblindes oder Taubes die Realität zwangsweise anders wahr als jemand ohne diese Einschränkungen. Gleichzeitig können aber auch frühere Erfahrungen, unser Wissen sowie unsere Meinungen und Interessen darüber entscheiden, wie wir die Welt und uns selbst wahrnehmen.
Lässt man zum Beispiel unterschiedliche Personen eine halbe Stunde lang das rege Treiben an einem Bahnhof beobachten, hat jeder zwar objektiv dasselbe gesehen, aber nicht dasselbe wahrgenommen. Jemand, der sich ein Kind wünscht, achtet in dieser halben Stunde vielleicht auf Paare mit Kinderwagen. Jemand, der gerade hungrig ist, konzentriert sich auf den Duft der nahegelegenen Pommesbude. Und jemand, der traurig ist, schaut vielleicht einfach nur unter sich auf das Muster der Bahnhofsfliesen.