Raketentestgelände Tjuratam, 04. Oktober 1957, 22:28 Uhr Moskauer Zeit. In Europa beginnt gerade der Abend, an der amerikanischen Ostküste der Nachmittag, als von der Startrampe Nummer 1 wieder einmal eine Rakete in den dunklen Nachthimmel steigt. Sie gehört zum bisher Besten, was Koroljow und sein Team in den letzten Jahren produziert haben und hat ihre Leistungsfähigkeit schon vielfach bewiesen. Diesmal jedoch trägt die Rakete des Typs R-7, liebevoll auch „Semjorka“ – die kleine Sieben – genannt, eine ganz besondere Fracht.

Der Satellit der „Roten“
Um was es sich handelt, zeigt sich rund fünf Minuten nach dem Start: In den Empfängern der sowjetischen Bodenstationen ertönt plötzlich ein regelmäßiges, anhaltendes „Beep – beep – beep“, ausgesendet von Sputnik, dem ersten künstlichen Satelliten im Erdorbit. Im Grunde ist Sputnik nicht mehr als ein knapp 60 Zentimeter kleiner Ball aus einer glänzenden Aluminium-Legierung, gerade einmal 83,6 Kilogramm schwer.
Der mit Stickstoffgas gefüllte Satellit trägt in seinem Inneren eine Batterie, einen auf verschiedenen Frequenzen funkenden Radiosender, einen einfachen Ventilator, der anspringt, wenn die Temperatur im Inneren 36°C übersteigt und einen Schalter, der bei Druckverlust die Frequenz der Radiotöne ändert. Im Grunde nichts sonderlich Ausgefeiltes oder Innovatives. Doch das von langen Antennen in alle Richtungen ausgestrahlte „Beep – beep“ dieses ersten Satelliten verändert die Welt.
Für die russischen Raumfahrtforscher Koroljow und Tichonrawow ist Sputnik die Bestätigung, dass es sich gelohnt hat, gegen alle anfängliche Skepsis, Widerstände und Rückschläge beharrlich zu bleiben. Ihr Konzept einer leistungsstarken Trägerrakete funktioniert, mit ihr ist es nun möglich, Objekte – und Menschen – in den Orbit zu befördern. Und auch ihre Entscheidung in letzter Sekunde, nicht auf die Fertigstellung des aufwändigeren „Objekt D“-Satelliten zu warten, sondern erstmal auf den einfacheren Sputnik zu setzen, zahlt sich nun aus. Sie war die Reaktion auf den Testflug der amerikanischen Trägerrakete Jupiter-C am 20. September 1956, mit der Wernher von Braun demonstrierte, dass auch die USA bereits die nötige Technik für einen Satellitenstart besaß.