Obwohl die Menschen der Megalith-Kultur unzählige Monumente und Gräber hinterlassen haben, wissen wir über sie nur wenig. Denn vor allem aus der Frühzeit ihrer Ära sind außer den Großsteinbauten und wenigen Siedlungen kaum Zeugnisse erhalten geblieben. Wie die Erbauer der Monumente zusammenlebten, wie ihre Gemeinschaften strukturiert waren und woran sie glaubten, ist noch immer kaum bekannt.

Steckte eine Priester-Elite dahinter?
Doch angesichts der schieren Größe der Megalith-Bauten gehen Archäologen davon aus, dass es in der Megalith-Kultur bereits eine klare soziale Schichtung gab: Es muss Anführer gegeben haben, die die Menschen zu dieser gewaltigen Aufgabe motivierten und die den Bau koordinierten. „Nur eine Gesellschaft mit Hierarchie und Arbeitsteilung kann solch gigantische Bauleistungen bewältigen“, erklärt Serge Cassen von der Universität Nantes in Terra X. „Dahinter steckt eine gemeinsame Idee: Das Aufrichten und die Monumentalität als Ausdruck der Macht des Auftraggebers.“
Schon in den 1940er Jahren vermutete der britische Archäologe Vere Gordon Childe hinter diesen Auftraggebern eine elitäre Priesterkaste. Diese verbreiteten ihr Wissen, ihre spirituellen Vorstellungen und ihr technisches Knowhow entlang der Küsten Westeuropas. Dies passt zu der 2019 von Bettina Schulz Paulsson von der Universität Göteborg aufgedeckten räumlich-zeitlichen Abfolge, mit der sich die Megalith-Kultur über Europa ausbreitete. „Die umherziehende Priesterelite blieb immer nur solange in den lokalen Gemeinschaften, bis ihre neuen Ideen Wurzel geschlagen hatten“, mutmaßt die Archäologin.
Verwandten-Netz über weite Entfernungen hinweg
Ein erstes Indiz für diese Steinzeit-Elite haben Archäologen Anfang 2020 in Irland entdeckt. Das Team um Lara Cassidy vom Trinity College in Dublin hatte dafür menschliche Überreste aus verschiedensten jungsteinzeitlichen Grabformen Irlands einer DNA-Analysen unterzogen – auch einige Tote aus dem berühmten Megalith-Grab von Newgrange. Sie wollten so herausfinden, welchen Populationen die Toten angehörten: Waren es Nachkommen der lokalen Jäger und Sammler oder wurden in diesen Gräbern Angehörige einer – möglicherweise „fremden“ – Elite bestattet?