Es ist Abend, draußen wird es Dunkel und so langsam befällt uns wohlige Müdigkeit. Die Glieder werden schwer und die Augen drohen zuzufallen. Der Körper signalisiert: es ist Schlafenszeit. Hauptursache für diesem allabendlichen Müdigkeitsanfall ist ein Hormon: das Melatonin. Im Takt mit der Inneren Uhr unseres Körpers steuert der von der Zirbeldrüse im Gehirn absonderte Botenstoff unseren Schlaf-Wach-Rhythmus.
Beginnend am frühen Abend steigert sich die Melatonin-Ausschüttung bis zu einem Höhepunkt gegen Mitternacht und ebbt dann langsam bis zum Aufwachen ab. Ist dieser Rhythmus gestört oder die Melatonin-Konzentration zu niedrig, sind Schlafstörungen die Folge. Unter anderem deshalb wird es, insbesondere in den USA als „natürliches“ Schlafmittel angepriesen und verkauft.
Gegen freie Radikale
Doch Melatonin kann noch mehr, behaupten zumindest die Hersteller solcher Präparate. Das Hormon sei, so ihr Lockruf, auch ein probates Mittel gegen das Altern. Zwar ist bisher keinerlei Zusammenhang zwischen dem Älterwerden und einem Absinken des Hormons nachgewiesen, es gilt aber zumindest als extrem wirkungsvolles Antioxidanz und damit Anti-Aging-Mittel.
Tatsächlich kann Melatonin – in hohen Dosen verabreicht – hochreaktive freie Radikale unschädlich machen. Ein Laborversuch am Jefferson Medical College in Philadelphia deutet sogar darauf hin, dass Melatonin bei Parkinson-Patienten das Fortschreiten des Zellabbaus im Gehirn bremsen könnte. Die antioxidative Wirkung des Hormons schützte bei Ratten die Dopamin-produzierenden Zellen gegen ein von den Forschern verabreichtes Zellgift und konnte so den Schaden halbieren. Doch die Forscher schränken die Euphorie direkt wieder ein: Die im Versuch eingesetzten Dosierungen waren so hoch, dass ein unmittelbarer Einsatz als Medikament fraglich erscheint.