Der streitsame Herr Zoodirektor

Brehms Gastspiele in Hamburg und Berlin

Leopard, „Brehms Tierleben“ © Bigposters

Im Jahr 1863 erhält Brehm das Angebot, den neu gegründeten Hamburger Zoo als Direktor zu leiten. Ohne zu zögern greift er zu, ermöglicht ihm die neue Stellung doch, seine finanzielle Situation, unter der er trotz seiner Erfolge als Schriftsteller leidet, zu verbessern. Zudem sieht er die Möglichkeit, seine zoologischen Kenntnisse durch die Nähe zu den Tieren zu erweitern, denn mittlerweile hat er mit der Arbeit am „Tierleben“ begonnen.

Der Verwaltungsrat des Tiergartens räumt ihm alle Vollmachten hinsichtlich des Inventars, sogar aller organisatorischen und finanziellen Angelegenheiten des Zoos ein, und Brehm lässt sich auch persönliche Freiräume für seine weitere Arbeit als Schriftsteller vertraglich zusichern.

Erfolge in Hamburg

In kurzer Zeit gelingt es ihm, den Zoo zu Weltruhm zu bringen. Er modernisiert die Gehege, erweitert die Anlage und erwirbt neue Tiere. Bereits nach einem Jahr ist die Anzahl der Zoobewohner auf 1.200 Tiere und 330 Arten gestiegen. Sein Versuch, den Zoo durch einen eigenen internationalen Tierhandel um weitere seltene Lebewesen zu bereichern, scheitert am erfolgreichen Hamburger Tierhändler Carl Hagenbeck, der sich in diesem Geschäft besser auskennt und 1907 seinen eigenen Tierpark gründet.

Die Ausbaupläne Brehms stoßen bei den Geldgebern des Zoos bald auf Misstrauen. Obwohl der Tierpark zu einem Publikumsmagnet geworden ist und die Arbeit des eifrigen Direktors in Fachkreisen als hervorragend eingeschätzt wird, streichen ihm die Geldgeber seine Kompetenzen zusammen.

Geschieden im Zorn

Alfred-Brehm-Haus für Raubkatzen im Tierpark Berlin © FU Berlin

Als der Brehm unterstellte Zoo-Inspektor an seiner Stelle volle Verfügungsgewalt über den Tiergarten erhält, reicht es Brehm. Er kündigt. Im folgenden öffentlich ausgetragenen Streit, bei dem sich die Stadt Hamburg in Brehm-Gegner und Brehm-Befürworter teilt, lässt es sich der von seiner Arbeit überzeugte Zoologe nicht nehmen, die Schuld für sein Scheitern den Verwaltungsstrukturen des Tiergartens zuzuschreiben. Nach drei Jahren verlässt er Hamburg, im Gepäck hat er bereits die ersten Bände des „Illustrierten Thierlebens“.

Schon in Hamburg waren Stadtherren aus Berlin an Brehm herangetreten, um den erfahrenen Tiergärtner abzuwerben. Sie planen ein großzügiges und modernes Aquarium, das als Attraktion für die Prachtmeile Unter den Linden vorgesehen ist. Denn der alte Zoologische Garten liegt weit draußen vor den Toren der Stadt.

Neues Schaffensfeld Berlin

Brehm lässt sich auf das Angebot ein und wird Teilhaber der eigens gegründeten Gesellschaft. Noch während der Planung räumt er ein, dass der Neubau besser „Vivarium“ heißen sollte, denn auch Reptilien, Amphibien, Vögel und exotische Säugetiere werden hier ihren Platz finden.

In Hamburg hatte Brehm schon ein Aquarium für den Zoo konzipiert, so dass er jetzt auf seine dortigen Erfahrungen zurückgreifen kann. Unter seiner Regie entsteht ein weiträumiges, zweistöckiges Gebäude mit einer Meerwasseraufbereitungsanlage im Keller, künstlichen Gewölben und Nischen, einem eigenen Vogelhaus, einer „Geologischen Grotte“, 300 Meter langen Gängen und einem Restaurant. Auf 3.600 Quadratmeter Fläche finden 118 Käfige, Becken und Terrarien Platz, in denen 12.000 Tiere untergebracht sind. Brehm plant, die Zahl im Laufe der Zeit auf 40.000 Exemplare zu erhöhen.

Es entsteht eine vorbildliche zoologische Anlage, die für die damaligen Verhältnisse vorbildlich ist, und deren Erfolg durch das rege Interesse der Besucher bestätigt wird. Nach der Eröffnung im Jahre 1869 kommen jährlich etwa 250.000 Gäste ins Berliner Aquarium.

Geschieden im Zorn, 2. Teil

Doch auch hier bekommt Brehm Probleme, weil ihm ein Mitdirektor zur Seite gestellt wird. Zwischen dem ideenreichen Zoologen und seinem kostenbewussten Counterpart, der von Biologie wenig versteht, kommt es zu Streitereien. Nach sieben Jahren kündigt Brehm 1874 schließlich auch seine Direktoren-Stelle in Berlin.

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Stand: 01.04.2005

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In den Schlagzeilen

Inhalt des Dossiers

Alfred Edmund Brehm
Der Vater des Tierlebens

Prägung am Blauen Nil
Fünf Jahre Afrika

Lebensziel: Schriftsteller
Die Berufung des Alfred Brehm

Das Leben der Vögel
Fingerübung für das „Tierleben“

Der streitsame Herr Zoodirektor
Brehms Gastspiele in Hamburg und Berlin

Brehms Tierleben
Geschichte eines zoologischen „Longsellers“

Im Galopp durch Sibirien
Über China zur Kara-See

Bauanleitung für kirgisische Jurten
Brehm als Ethnologe

Schicksalsschläge am Lebensende
Brehm, der Familienmensch

Der biedere Tiervater
Brehm aus heutiger Sicht

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