Vollmond und loderndes Feuer. Sieben Frauen sitzen um die Flammen. Langsam erhebt sich die erste, beginnt, Arme und Beine auszuschütteln, den Oberkörper zu kreisen, Grimassen zu schneiden. Eine nach der anderen steht auf und tut es ihr gleich. Schatten zucken über die Lichtung. Dann beruhigt sich die Szene. Die Frauen setzen sich und legen Verkleidungen an, die aus Blättern, Farn, Moos und Blumen gebunden sind. Leises Raunen strömt durch die Nacht, verstärkt sich zu Heulen, Schreien und Kreischen und endet schließlich in schallendem Gelächter. Die Tänzerinnen springen auf, fassen sich an den Schultern und umkreisen die Flammen, erst langsam, dann immer schneller, bis sie nacheinander erschöpft zu Boden sinken…
Mondtänze wie dieser werden auch heute noch ausgeführt, und das mitten in Deutschland. Doch nicht nur nächtliche Tänze einer Gruppe von Frauen oder die periodisch neu aufgelegten Filme über das Totemtier des Vollmondes, den Werwolf, zeigen, dass der alte Glaube an die Macht des fahlen Erdbegleiters heute noch lebendig ist. Auch der Nachbar, der seinen Friseurtermin exakt nach dem Mond plant, um ein schnelleres Wachstum seiner Haarpracht zu garantieren, gehört wahrscheinlich schon in die Gemeinde derer, die unserem Trabanten mehr zutrauen, als er tatsächlich zu bewirken in der Lage ist.
Mondkalender bestimmt den Alltag
Der Mond muss demnach für bestimmte Verrichtungen genau die richtige Größe und Stellung haben, sonst drohen kleine häusliche Katastrophen: Eine Wohnung, die im Herbst zum falschen Zeitpunkt das erste Mal geheizt wird, bleibt den ganzen Winter lang feucht – und beim falsch gewählten Friseurtermin schimmern die dunkelsten Locken allzu früh in strahlendem Weiß. Besonders kritisch ist es, den richtigen Operationstermin für das eine oder andere Gebrechen zu wählen. Da muss der Mond nämlich nicht nur die richtige »Dicke« aufweisen, er muss auch noch im richtigen Zeichen stehen, sonst rinnt das Blut zu üppig und Wunden heilen schlecht. So sollte man etwa keine Herzoperation durchführen lassen, wenn der Mond im Löwen steht und die Mandeln lieber im Hals behalten, wenn der Stier unseren Trabanten regiert.
Die Weisheiten über diese »magischen« Auswirkungen des Mondes sind von alters her überliefert und wurden von Generation zu Generation weitergegeben und ausgebaut. Sie zu beweisen, fällt schwer. Die messbaren Kräfte des Mondes werden jedoch schon seit Jahrhunderten intensiv untersucht. Das Wissen darüber ist fundiert und umfangreich.
Stand: 01.12.2006