In einem Punkt hat sich seit 2007 nichts geändert: Die Prognosen für die Zeit bis 2100 sind ziemlich gleich geblieben. Gehen die CO2-Emissionen ungebremst weiter – „business as usual“, dann wird sich die Erde bis 2100 um rund vier Grad erwärmen. Bereits bis 2035 könnte sich die globale Durchschnittstemperatur je nach Szenario um 0,3 bis 0,7 Grad erhöhen. Dabei muss damit gerechnet werden, dass sich bestimmte Regionen, darunter die Arktis, deutlich stärker aufheizen, so der IPCC-Bericht.
Die Grenze liegt bei 1.000 Gigatonnen
Das Ziel, die globale Erwärmung auf zwei Grad zu begrenzen, ist zwar erreichbar, erfordert aber deutliche und baldige Einschnitte in den Emissionen, so der Bericht: Um dieses Klimaschutzziel zu erreichen und schwerwiegendere Klimafolgen abzuwenden, dürfe der Ausstoß von CO2, gemessen seit Beginn der Industrialisierung, einen Wert von rund 1.000 Gigatonnen Kohlenstoff nicht überschreiten, heißt es.
Das könnte allerdings schwer werden. Denn schon 2011 waren 531 Gigatonnen Kohlenstoff erreicht – und pro Jahr kommen rund zehn Gigatonnen dazu -Tendenz steigend. Das aber heißt: Gibt es in den nächsten Jahren keine nennenswerten Durchbrüche im Klimaschutz, könnte die Zwei-Grad-Grenze der Erwärmung im schlimmsten Fall sogar schon Mitte des Jahrhunderts überschritten werden.
Einbußen wie in der Finanzkrise
Das aber wird dann in gleich mehrerer Hinsicht teuer: Zum einen verursachen Klimafolgen wie Hochwasser oder Stürme erhöhte Kosten. Zum anderen wird die Einführung von Klimaschutzmaßnahmen umso teurer, je später dies erfolgt. Konkrete Zahlen dazu lieferten erst vor wenigen Wochen Forscher des Potsdam Instituts für Klimafolgenforschung (PIK). Wenn es gelingt, sich schon 2015 auf gemeinsame Klimaschutzmaßnahmen zu einigen, dann würden diese das globale Wirtschaftswachstum um rund zwei Prozent verringern, so das Ergebnis. Sollte aber erst nach 2030 gehandelt werden, lägen die Einbußen in den zehn Folgejahren bei sieben Prozent.
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„Die kurzfristigen wirtschaftlichen Auswirkungen, die sich ergäben, wenn sich der Übergang zu einer klimafreundlichen Wirtschaftsweise weiter verzögert, sind vergleichbar mit den Kosten der gerade erlebten weltweiten Finanzkrise“, sagt Erstautor Gunnar Luderer vom PIK. Je später klimapolitische Maßnahmen ergriffen werden, desto schneller – und teurer – müssten die Emissionen verringert werden, um das Klimaschutzziel von zwei Grad Erwärmung noch zu erreichen. Höhere Kosten wiederum machen es noch unwahrscheinlicher, dass sich Politiker und andere Entscheidungsträger dazu durchringen, solche Maßnahmen zu beschließen.
Energiepreise steigen – je später, desto mehr
Zögern hätte auch fatale Auswirkungen auf die Energiepreise, wie die Studie ergab: Sollten sich Emissionsminderungen bis über 2030 hinaus verzögern, könnte sich nach deren Einführung das weltweite Energiepreisniveau kurzfristig um 80 Prozent erhöhen. Strom und Wärme wären dann vor allem für ärmere Menschen kaum mehr bezahlbar. In der Vergangenheit haben vergleichbare Preisanstiege in Entwicklungsländern bereits zu massivem öffentlichen Protest geführt, wie etwa 1998 in Indonesien nach dem Abbau von Energiesubventionen. Eine am 2-Grad-Ziel ausgerichtete internationale Vereinbarung bis 2015 könnte das zumindest abpuffern: Denn dann ließen sich die kurzfristigen Energiepreiserhöhungen auf 25 Prozent begrenzen.
„Unsere Studie ist die erste, die die Zusammenhänge zwischen der Stringenz von Klimazielen und ökonomischen Vermeidungsherausforderungen derart detailliert beschreibt“, sagt Ottmar Edenhofer, Ko-Autor der Studie und Chefökonom am PIK. „Wir waren in der Lage die – wie wir es nennen – Grenze des Erreichbaren abzuschätzen: in Abhängigkeit von Vermeidungszielen, Zeitvorgaben und Technologieverfügbarkeit steigen die Kosten von Klimapolitik ab einem gewissen Punkt unverhältnismäßig stark an.“
Nadja Podbregar
Stand: 02.10.2013