Evolution

Die Ära der nackten „Hunde“

Von Synapsiden zu Therapsiden

Vor rund 270 Millionen Jahren begann ein weiteres Kapitel der Säugetier-Vorgeschichte. Zu jener Zeit entwickelten sich aus den Synapsiden die sogenannten Therapsiden. Sie waren der nächste wichtige Schritt auf dem Weg zum ersten richtigen Säugetier. Äußerlich erinnerten die Therapsiden immerhin schon an eine Mischung aus Reptil und Säugetier. Warmblütig waren sie aber wahrscheinlich noch nicht.

Gorgonopsier
Gorgonopsier waren die Spitzenräuber ihrer Zeit. © Dmitry Bogdanov/CC-by-sa 3.0

Ein nackter Husky

Einer der ältesten bekannten Therapsiden – ein rund einen Meter langes Raubtier – lebte vor etwa 270 Millionen Jahren im heutigen Mallorca, das damals noch am Äquator lag und Teil des Superkontinents Pangäa war. „Wenn Sie dieses Tier auf der Straße sehen würden, würde es ein wenig wie ein mittelgroßer Hund aussehen, vielleicht in der Größe eines Huskys. Aber es hatte kein Fell und auch keine hundeähnlichen Ohren“, sagt Ken Angielczyk vom Field Museum in Chicago.

Das noch namenlose Tier gehörte zu den Gorgonopsiern – gefürchteten hundeähnlichen Top-Prädatoren mit den ersten Säbelzähnen der Evolutionsgeschichte. Die größten unter ihnen konnten so groß wie moderne Tiger werden. Auf ihrem Speiseplan standen wahrscheinlich noch deutlich größere, pflanzenfressende Therapsiden, von denen es damals einige gab.

Moschops
Dinocephalia wie Moschops erreichten enorme Größen. © Dmitry Bogdanov/CC-by-sa 3.0

Ein Kopf wie ein Rammbock

Zu diesen pflanzenfressenden Säugetiervorfahren gehörten die Dinocephalia. Sie lebten vor 260 bis 265 Millionen Jahren und besaßen einen gedrungenen Körper mit massigem Schädel. Manche von ihnen, darunter der über zwei Meter lange Moschops („Ochsengesicht“), besaßen eine charakteristische Verdickung im Bereich der Schädeldecke.

In den Schlagzeilen

Inhalt des Dossiers

Wie Säugetiere die Welt eroberten
Zeitreise zurück zu unseren Ur-Ur-Ahnen

Willkommen im Sumpf
Zu Besuch bei den frühesten Säugetiervorfahren

Die Ära der nackten „Hunde“
Von Synapsiden zu Therapsiden

Überlebende der Apokalypse
Aus Schwein wird Spitzmaus

Im Schatten der Dinosaurier
Eine Erfolgsgeschichte im Verborgenen

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Einige Paläontologen gehen deshalb davon aus, dass diese urzeitlichen Tiere ähnlich wie heutige Widder oder Steinböcke mit den Köpfen gegeneinander schlugen, um so Paarungs- oder Revierkämpfe auszutragen. „Das Synchrotron-Scanning von Moschops capensis zeigt zahlreiche anatomische Anpassungen des zentralen Nervensystems, die mit diesem Kampfverhalten zusammenhängen“, erklären Julien Benoit von der University of the Witwatersrand in Südafrika und seine Kollegen.

Mehr Säugetier als je zuvor

Ebenfalls ein eindrucksvoller Anblick waren die vom mittleren Perm bis zum Beginn der Kreidezeit verbreiteten Dicynodontia, von denen einige zuvor nie dagewesene Größen erreichten. Zu ihnen gehörte der flusspferdgroße Estemmenosuchus, der auffällige knöcherne Auswüchse am Schädel besaß. Sie sind auch kennzeichnend für seinen Namen, der übersetzt so viel wie „gekröntes Krokodil“ bedeutet.

Estemmenosuchus
Estemmenosuchus besaß einen knöchernen Kopfschmuck. © Mojcaj /CC-by-sa 3.0

Estemmenosuchus ist aber noch in anderer Hinsicht besonders. Wie ein umstrittener fossiler Abdruck nahelegt, der 1968 von einem russischen Paläontologen beschrieben wurde, könnte der urzeitliche Pflanzenfresser bereits säugetierähnliche Haut besessen haben. Therapsiden wie Estemmenosuchus könnten damit als erste ihr schuppiges, reptilienähnliches Hautbild gegen ein glattes, von Drüsen durchzogenes eingetauscht haben.

Es gibt sogar Hinweise darauf, dass manche Therapsiden bereits Fell besaßen – ein weiteres typisches Merkmal von Säugetieren. Die Beweislage ist jedoch dünn und beschränkt sich auf eine einzelne haarähnliche Struktur, die im versteinerten Kot eines therapsiden Raubtiers gefunden wurde.

Eine urzeitliche Katastrophe

So oder so scheinen unsere Vorfahren im Zeitalter des Perm vor 299 bis 252 Millionen Jahren auf dem besten Weg hin zu modernen Säugetieren gewesen zu sein. Und auch sonst waren sie enorm erfolgreich. Sie beherrschten das Land wie niemand vor ihnen und stellten in Artenzahl und Verbreitung auch die Vorfahren der Dinosaurier in den Schatten. Doch wie so oft, wenn man sich gerade auf dem Gipfel des Erfolgs wähnt, bahnte sich bereits eine Katstrophe an.

Im Falle der Therapsiden war dies das Massenaussterben am Ende des Perm – das größte aller Zeiten. Gewaltige Vulkanausbrüche im heutigen Sibirien sorgten vor 252 Millionen Jahren für extreme Klimaveränderungen. Erst schufen in die Atmosphäre geschleuderte Asche und Staub einen vulkanischen Winter, der die Temperaturen weltweit sinken, Pflanzen sterben und die Meere versauern ließ. Dann folgte eine extreme Erderwärmung.

Insgesamt etwa 70 Prozent aller Landlebewesen und 90 Prozent der Meeresbewohner fielen dieser Apokalypse zum Opfer – darunter auch zahlreiche Therapsiden. Die Karten wurden dadurch neu gemischt.

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