So attraktiv das Doggerland als Lebensraum auch einst gewesen sein muss – Relikte und Spuren seiner einstigen Bewohner sind rar. Zwar gibt es einzelne Funde von an den Küsten angeschwemmten Feuersteinklingen und Knochenwerkzeugen. 2013 förderte ein Fischerboot vor der Küste der Niederlande sogar einen rund 11.000 Jahre alten Schädelknochen zutage. Doch wo sich die Bewohner von Doggerland aufhielten und wie sie lebten, liegt noch weitgehend im Dunkeln.

Bouldnor Cliff: Mit einem Hummer fing es an
Es gibt allerdings einen Ort, an dem Archäologen erste Einblicke in diese versunkene Welt gewonnen haben: Bouldnor Cliff. Diese Fundstätte liegt direkt vor der Küste der Isle of Wight in Südengland, in der geschützten Meerenge des Solent. Dass hier ein Ort von archäologischer Bedeutung liegen könnte, zeigte sich spätestens 1999, als Taucher einen Hummer dabei beobachteten, wie er einen Haufen von bearbeiteten Steinwerkzeugen aus seiner Höhle schob.
Seither wird diese Stätte von Archäologen des Maritime Archeology Trusts erforscht – mit spektakulären Ergebnissen. Denn bei Tauchgängen zum elf Meter unter Wasser liegenden Bouldnor Cliff entdeckten sie nicht nur gut 1.000 kunstvoll bearbeitete Feuersteinwerkzeuge und Überreste von Feuerstellen, sondern auch mehr als hundert Holzteile, die deutliche Spuren der Bearbeitung aufweisen. Einige gehören zu hölzernen Plattformen, andere sind lange Planken, die vielleicht sogar einst Teil eines Bootes gewesen sind.
Saisonale Siedlung am Flussufer
Datierungen ergaben, dass die Relikte vom Bouldnor Cliff gut 8.000 Jahre alt sind – sie stammen damit aus der Ära, als Doggerland noch existierte. Schlamm und Wasser haben diese Relikte unter Sauerstoffabschluss bedeckt und so selbst organisches Material wie das Holz und sogar ein Stück gedrehtes Tau konserviert. „Dieser Ort ist der einzige in ganz Großbritannien, an dem wir archäologischen Funde aus dieser versunkenen mesolithischen Welt gemacht haben“, berichtet der Maritime Archeology Trust.