Für seine Studie suchte das Heidelberger Forschungsteam nach einem Tropfstein, der während der fraglichen Zeit vor rund 13.000 Jahren gewachsen war und aus einer Höhle stammt, die möglichst nahe am Laacher Vulkan liegt. Schnell fanden sie einen vielversprechenden Kandidaten: den Stalagmiten HLK2. Dieser war bereits vor einigen Jahren von einer Mainzer Forschungsgruppe um Denis Scholz aus der Herbstlabyrinth-Höhle entnommen worden. In dieser Höhle fanden sich auch Bimsablagerungen des Vulkanausbruchs.
Bereits frühere Messungen der Mainzer Kolleginnen und Kollegen ließen vermuten, dass der Stalagmit sehr wahrscheinlich während des Ausbruchs wuchs: Er ist quasi ein Zeitzeuge. Jetzt mussten die Forschenden ihn nur noch zum Sprechen bringen…
Mit der Ionensonde auf Spurensuche
Es stellte sich bald heraus, dass der Tropfstein zu langsam gewachsen war, um ihn mit herkömmlichen Messmethoden auf eine jahrgenaue Auflösung hin zu untersuchen. „Mit Axel Schmitt vom Institut für Geowissenschaften der Universität Heidelberg hatten wir jedoch nicht nur einen Vulkanologen, sondern auch einen international angesehenen Experten für hochauflösende Mikroanalytik im Team“, berichtet Sophie Warken. Axel Schmitt leitete früher das Heidelberger Ionensonden-Labor; mit der dortigen hochauflösenden Ionensonde ist es möglich, verschiedene Isotopenverhältnisse und Spurenelemente auf Mikrometerskala zu messen.
Weltweit sind nur etwa zehn Instrumente dieser Art für die Forschung im Einsatz. Deshalb wurde die Methode bislang auch nur sehr selten für die Analyse von Tropfsteinen benutzt. „Wir bestimmten den Schwefelgehalt im Stalagmiten – und zwar in fast jährlicher Auflösung“, erklärt Warken. Schwefel in Tropfsteinen kann eigentlich nur einen Ursprung haben: vulkanische Aerosole. Ein Anstieg im Schwefelgehalt ist also ein untrügliches Zeichen für vulkanische Aktivität.
Ein chemischer Fingerabdruck der Eruption
Der Tropfstein HLK2 zeigte eine deutliche Schwefelanomalie im fraglichen Zeitraum, und der steile Anstieg der Schwefelkonzentrationen ließ nur einen Schluss zu: „Wir hatten den chemischen Fingerabdruck der Laacher- See-Eruption gefunden“ so die Forscherin. „Jetzt fehlte noch die genaue Altersbestimmung. Hierzu nutzten wir die Zerfallsprodukte des natürlichen radioaktiven Elements Uran, das zum Zeitpunkt der Bildung des Tropfsteins in die Kalkschichten eingebaut worden war und dann nach und nach zerfiel.“
Das radioaktive System funktioniert wie eine Uhr, welche die abgelaufene Zeit in der Menge der gebildeten Zerfallsprodukte speichert. Für deren Nachweis benötigt man spezielle chemische Methoden, mit denen man das nur in Spuren vorkommende Uran und seine Zerfallsprodukte von den anderen Bestandteilen der Probe trennen kann. Die bereinigten Atome werden anschließend in einem extrem leistungsfähigen und empfindlichen Massenspektrometer „gezählt“.
Neudatierung bestätigt
„Obwohl die fraglichen Isotope nur in Größenordnungen von wenigen Milliardstel in den Kalkschichten vorkommen, erreichten wir mit dieser Methode Genauigkeiten im Promillebereich“, berichtet Warken. Damit war es dem Team möglich, den Zeitpunkt der Schwefelanomalie im Stalagmiten HLK2 zu bestimmen: auf etwa 13.050 Jahre vor 1950, mit einer Unsicherheit von wenigen Jahrzehnten.
„Unsere Datierung bestätigt also eindeutig die Radiokarbondatierung der Mainzer Kolleginnen und Kollegen“, konstatiert Warken. „Und sie entkräftet das Argument der britischen Forschungsgruppe, dass das Baumringalter kontaminiert und damit viel zu alt sei.“ Doch auch darüber hinaus ist die neue Altersbestimmung von Bedeutung.