Zwei wissenschaftliche Errungenschaften gingen Marie Curies Forschungsarbeit voraus, ohne die ihre bahnbrechenden Entdeckungen nicht möglich gewesen wären.
1895 entdeckte Wilhelm Conrad Röntgen (1845-1923) die nach ihm benannte Röntgenstrahlung, die weltweit Aufsehen erregte, weil sie Materie durchdringen konnte und selbst das Körperinnere sichtbar machte. Schon wenige Jahre später kam sie in der Strahlentherapie von Krebs und zur medizinischen Bildgebung zum Einsatz. Für seine Entdeckung erhielt Röntgen 1901 den ersten Physiknobelpreis.
Becquerel entdeckt auf Umwegen die Radioaktivität
1896 entdeckte zudem Antoine Henri Becquerel die natürliche Strahlung des Schwermetalls Uran beziehungsweise von uranhaltigen Mineralien, die ohne Licht fotografische Platten schwärzten. Becquerel glaubte zunächst irrtümlich, das Uran sende Röntgenstrahlen aus, erkannte dann aber, dass es sich um eine andere Art der Strahlung handeln musste. Seine Entdeckung erhielt in der Fachwelt zunächst deutlich weniger Aufmerksamkeit als Röntgens, stieß aber auf das Interesse der jungen Marie Curie, die ein Thema für ihre Doktorarbeit suchte.
Inspiriert von ihrem späteren Doktorvater Becquerel erforschte sie ab 1897, woher diese mysteriöse Strahlung stammt und ob sich eine solche Strahlung auch bei anderen Elementen nachweisen lässt. Gemeinsam mit ihrem Mann Pierre beschäftigte sie sich eingehend mit dem Element Uran sowie mit den Uranverbindungen Pechblende (auch Uraninit oder Uranerz genannt) und Chalcolit (auch Torbernit und Kupferphosphoruranit genannt), aber auch mit anderen Mineralien, Metallen, Salzen.
Zwei neue Elemente: Die Entdeckung von Radium und Polonium
Ihre Suche war erfolgreich: Aus der chemischen Analyse von Pechblende identifizierten die Curies zwei bisher unbekannte Elemente, die wie Uran ebenfalls auf natürliche Weise intensiv strahlten. Beide widersprachen den damals gängigen Theorien über die Zusammensetzung der Materie.
Ohne damals zu wissen, dass diese Elemente Strahlung aussenden, weil ihre Atome unter Abgabe von Elementarteilchen zu leichteren Elementen zerfallen, bezeichnete Marie Curie den Vorgang erstmals als „Radioaktivität“ (Latein für „Strahlungstätigkeit“) und die Elemente als „radioaktiv“. Zudem taufte sie das erste von ihnen entdeckte Element „Radium“, das zweite „Polonium“, nach ihrer Heimat Polen.
Da die Curies noch keinen ausreichend etablierten Status als Wissenschaftler hatten, präsentierte zunächst Becquerel für sie die Ergebnisse in der Fachwelt. 1898 gaben die Curies sie dann auch selbst offiziell bekannt. Im selben Jahr entdeckte Marie zudem die Radioaktivität des bereits bekannten Elements Thorium.
Mit welchen Methoden arbeiteten die Curies?
Bei ihren gemeinsamen Arbeiten teilten sich die Curies die Aufgaben. Marie Curie führte den mehrstufigen chemischen Prozess durch, Pechblende und andere Erze aus radioaktiven Mineralien in ihre chemischen Elemente zu trennen. Mit verschiedenen Lösungsmitteln trennte sie die Verbindungen wiederholt in lösliche und unlösliche Komponenten. Ihr Mann Pierre untersuchte derweil schrittweise die physikalischen Eigenschaften der so entstandenen Stoffgemische und isolierten Stoffe – unter anderem darauf, ob sie radioaktiv strahlten.
Mit einem von Pierre neu entwickelten sogenannten Piezo-Elektrometer maß Marie Curie zudem die von radioaktiven Verbindungen abgegebene Strahlung in Form von Elektrizität in der Luft. Dabei stellte sie fest, dass die gemessene Intensität unabhängig von Licht und Temperatur sowie der Art der chemischen Verbindung war, aber abhängig von dem enthaltenen chemischen Element.
Das war eine entscheidende Beobachtung. Marie schloss daraus, dass Radioaktivität nicht aus chemischen Reaktionen resultiert, sondern eine physikalische Atomeigenschaft ist und auf Aktivität der Atome selbst beruht. Mit dieser Erkenntnis setzte sie den Grundstein für die Theorie des radioaktiven Zerfalls und die moderne Physik des 20. Jahrhunderts.
Erneuter Beweis: Die Isolation von Radium
Marie forschte weiter. Trotz ihrer ersten Nachweise von Radium und Polonium lagen bis dato nur sehr geringe Mengen der neuen radioaktiven Elemente vor. Um deren Existenz endgültig zu beweisen, isolierte Marie Curie in den folgenden Jahren im Auftrag der Internationalen Radium-Standard-Kommission erstmals eine „größere“ Menge reinen Radiums – einige Milligramm.
Der Prozess war nicht nur zeitaufwendig, sondern auch körperlich mühsam. Aus Bergwerken, in denen Uranerz abgebaut wurde, beschaffte sich die Forscherin acht Tonnen Gesteinsabfälle. In einer Pariser Holzbaracke bereitete sie das Material chemisch auf und gewann daraus große Mengen Pechblende, woraus sie schließlich wie bereits in den ersten Versuchen Radium isolierte.
Nebenbei erforschte Curie auch verschiedene Radiumverbindungen und bestimmte die atomare Masse von Radium. Als Chemikerin untersuchte sie Zeit ihres Lebens weiterhin radioaktive Substanzen mit dem Ziel, diese medizinisch zu nutzen und Menschen von schweren Krankheiten zu heilen.
Wofür wurde Radium gebraucht?
Das von Marie Curie entdeckte und gewonnene radioaktive Element Radium, dessen Strahlung deutlich stärker ist als die des Urans, war jedoch nicht nur ein Neuzugang für das chemische Periodensystem der Elemente. Es kam in den folgenden Jahren auch vermehrt in der Medizin zur Strahlenheilkunde zum Einsatz, in der sogenannten Radiologie. Zu diesem Gebiet gehörte bereits die Röntgenkunde, die auf Röntgenstrahlen beruht.
Zur genaueren Dosierung von radioaktiver Strahlung wurde in dieser Disziplin Anfang des 20. Jahrhunderts eine Maßeinheit eingeführt. Um Marie zu ehren, wurde diese ab 1910 „Curie“ genannt. Laut Definition einer internationalen Kommission entsprach ein „Curie“ (Ci) der Aktivität eines Gramms reinen, natürlichen Radiums pro Sekunde. 1985 wurde das Maß durch die Einheit „Becquerel“ (Bq) ersetzt. Seither wird damit als Maß für die radioaktive Aktivität die mittlere Anzahl der Atomkerne angegeben, die pro Sekunde radioaktiv zerfallen. Gemessen wird diese heute mit Geiger-Müller-Zählrohren, sogenannten Geigerzählern.