Es begann mit dem Mars. Genauer gesagt, mit der Suche nach Leben auf dem roten Planeten. Anfang der 1960er Jahre bereitete die NASA ihre Mars-Mission mit der Raumsonde Viking vor und engagierte dafür eine Reihe von Wissenschaftlern, die bei der Klärung von grundlegenden Fragen helfen sollten. Darunter auch James Lovelock. Seine Aufgabe war es, Instrumente zu entwickeln, die Spuren außerirdischen Lebens entdecken konnten.
Doch woran sollte man ein solches Leben, besonders wenn es in jeder nur erdenklichen Form vorliegen konnte, identifizieren? An der Atmosphäre des Planeten – zu diesem Schluss kam zumindestens Lovelock. Leben bedeutete für ihn in erster Linie die Umwandlung und Aufnahme von Energie und die Abgabe von Stoffwechselprodukten. Und diese Aktionen mussten, so glaubte er, „Fingerabdrücke“ in einer gasförmigen Atmosphäre hinterlassen.
Und tatsächlich enthüllten vergleichende Analysen der Atmosphären von Erde und Mars entscheidende Unterschiede: Während die fast vollständig aus CO2 bestehende Marsatmosphäre sich als enttäuschend nichtreaktiv und damit „tot“ erwies, war die Erde weit von einem chemischen Gleichgewicht entfernt. Im Gegenteil: Die „wilde Mischung“ hochreaktiver Gase konnte nur damit erklärt werden, dass sich die Gase ständig erneuerten und regulierten – und die Pumpe für diese Zirkulation musste das Leben selbst sein.
Und nicht nur das: Rückkopplungsprozesse zwischen den lebendigen und den anorganischen Komponenten der Erde hatten offensichtlich dafür gesorgt, dass diese hochreaktive Mischung über Jahrmillionen stabil geblieben war. Die Erde verfügte demnach über eine Art planetarischer Selbstregulation – ähnlich wie ein lebender Organismus.
Die Idee von Gaia – der Erde als lebendigem System war geboren: „Gaia ist eine komplexe Einheit, die die irdische Biosphäre, Atmosphäre, Ozeane und den Boden umfasst. Ihre Gesamtheit bildet ein Feedback- oder kybernetisches System, das nach einer optimalen physikalischen und chemische Umwelt auf diesem Planeten strebt“, so Lovelock in seinem 1979 veröffentlichtem Buch: „Gaia: Eine neue Sicht auf das Leben auf der Erde.“ Den Namen Gaia wählte er in Anlehnung an die griechische Erdgöttin Ge oder Gaia.
Stand: 21.01.2003