Wann im Laufe seiner Entwicklungsgeschichte der Mensch sich das Feuer zuerst zunutze machte, ist umstritten. Ein eindeutiger Nachweis ist schwierig: An vielen Fundorten liegen zwar verkohlte Holz- und Knochenreste zusammen mit frühmenschlichen Steinwerkzeugen. Allerdings lässt sich nur schwer feststellen, ob das Feuer vom Menschen entfacht und genutzt wurde, oder ob ein natürlich entstandenes Feuer die urzeitlichen Bewohner der Fundstelle überraschte.
Zufallsfund im Sediment
Die ältesten heute bekannten Spuren dieser Art stammen aus Südafrika: In der dortigen Wonderwerk-Höhle fanden Archäologen im Jahr 2012 Spuren von verbrannten Knochen und Pflanzenteilen, die sie auf ein Alter von rund einer Million Jahren datieren. Dabei kam ihnen wie so oft in der Wissenschaft der Zufall zu Hilfe: Eigentlich wollten die Forscher um Michael Chazan von der University of Toronto das Alter der Sedimente in der Höhle bestimmen. Zu ihrer großen Überraschung fanden darin sie Asche, verkohlte Pflanzenteile und verbrannte Knochenreste.
Die gefundene Feuerstelle befindet sich etwa 30 Meter tief in der Höhle. Daher nehmen die Wissenschaftler an, dass die Überreste nicht durch natürliche Ursachen wie ein Buschfeuer entstanden und vom Wind in die Höhle getrieben worden sein können. Die Dicke der gefunden Ascheschichten spricht außerdem für wiederholte Feuer an derselben Stelle. Aus der Struktur der Asche und anderer Ablagerungen schließen die Forscher, dass das Feuer in der Höhle selbst angezündet wurde.
Selbst entzündet oder eingesammelt?
Die Forscher können jedoch nicht mit Sicherheit sagen, ob die dort lebenden Frühmenschen das Feuer lediglich nutzten, oder ob sie es selbst entfachen und kontrollieren konnten. Es ist durchaus möglich, dass gegrilltes Essen nur ein gelegentlicher Luxus war, nachdem Flammen von einem Buschfeuer „eingesammelt“ und in der Höhle genährt wurden.
Das Feuer in Gang zu halten, beherrschten die Höhlenmenschen jedoch. Als Brennmaterial verwendeten sie aber noch kein Holz, denn Spuren von Holzkohle fehlen am Fundort völlig. Verbrannt wurden stattdessen wahrscheinlich Blätter, Zweige oder trockenes Gras. Dafür sprechen auch spektroskopische Untersuchungen der verbrannten Knochenreste: Sie deuten darauf hin, dass das Feuer etwa 500 Grad Celsius heiß war. Ein Holzfeuer erreicht jedoch schnell deutlich heißere Temperaturen.
Frühe Feuer – noch früher als bisher gedacht
Der Fund in der Wonderwerk-Höhle verschob einige Annahmen, ab wann unsere Vorfahren sich das Feuer zu Nutze machten. Frühere gesicherte Fundstellen sind lediglich etwa 400.000 Jahre alt. Ein Fundort in Israel kommt bis auf 700.000 Jahre – diese Stelle ist jedoch umstritten. Aufgrund der offenen Lage in freier Ebene könnten die dortigen Feuerstellen auch von einem Waldbrand oder Buschfeuer stammen.
Diese früher bekannten Fundorte fallen in die Zeit der Neandertaler oder anderen frühen Formen des Homo sapiens. Die Feuerstellen in Südafrika dagegen stammen vom Homo erectus – gefundene Steinwerkzeuge mit typischen Merkmalen untermauern dies. Dieser Frühmensch war bereits vor etwa 1,8 Millionen Jahren aktiv. Manche Wissenschaftler vertreten darum die Position, das Feuer könnte bereits viel früher gezähmt worden sein, als die Wonderwerk-Höhle verrät. Bis jetzt sind keine Spuren entdeckt worden, die das bestätigen könnten – auszuschließen ist es jedoch ebenfalls nicht.
Ansgar Kretschmer
Stand: 23.01.2015