Anthropogeographie

Die Flotte des Minos

Eine mächtige Seemacht - mit vielen Fragezeichen

Ein Faktor, dem die Minoer ihren Aufstieg und auch ihren Reichtum verdankten, war ihre Flotte. Die geografische Lage Kretas machte die Insel zu einem wichtigen Knotenpunkt im östlichen Mittelmeer. Für die Minoer wurden Meer und Seehandel daher zum treibenden Motor ihrer wirtschaftlichen und kulturellen Erfolgsgeschichte.

Vom minoischen Seewesen waren offenbar selbst die Griechen noch nachhaltig beeindruckt, wie die Aufzeichnungen des griechischen Geschichtsschreibers Thukydides zeigen: „Minos nämlich war der erste, von dem wir Kunde haben, dass er eine Flotte besaß, die das heute hellenische Meer weithin beherrschte. Auch von den Seeräubern reinigte er vermutlich das Meer nach Kräften, um seine Einkünfte zu verbessern“, heißt es in seinen Aufzeichnungen.

Unzählige Fresken, aber auch Vasenbilder zeugen von der engen Verbundenheit der Minoer mit dem Meer. © Nikater / CC-by-sa 3.0

Nur Bilder als Zeugen

Aber wie sah die Flotte des sagenhaften Königs Minos aus? Und war sie tatsächlich so einflussreich wie es Thukydides beschreibt? Wenn Archäologen diese Frage beantworten wollen, stehen sie vor einem Problem. Denn zuverlässige Quellen über das minoische Seewesen existieren kaum. Schriftliche Aufzeichnungen, die über Schiffsarten, die Häfen oder den maritimen Handel Auskunft geben, fehlen. Und seltsamerweise ist aus der ganzen, mehr als zweitausendjährigen Geschichte der minoischen Kultur nicht ein einziger Schiffsfund erhalten, der über Aussehen, Größe, Material, Konstruktion und die Nutzung dieser Schiffe informieren könnte.

Die einzigen handfesten Indizien sind spärliche Reste von Hafenanlagen auf Kreta und die unzähligen Abbildungen von Häfen, Schiffen und Wasserkreaturen in der minoischen Bilderwelt. Denn sie finden sich nahezu überall: Ob als Ritzungen in Tonschalen, Gravuren auf winzigen Siegeln, bunte Fresken und einfache Tonmodelle – die schiere Häufigkeit dieser Motive macht klar, wie eng die Minoer mit dem Meer verbunden waren.

Schiffsknovoi aus dem Westhaus-Fries in Akrotiri © historisch

Im Konvoi unterwegs

Eines der wichtigsten Zeugnisse zum minoischen Seewesen ist dabei einer der sogenannten Westhaus-Friese. Die rund 3.500 Jahre alten Wandmalereien wurden bei Ausgrabungen in Akrotiri auf der Insel Thera entdeckt und stammen aus der Zeit, als Akrotiri eine wichtige Hafenstadt für die Minoer war. Auf einem dieser Friese ist eine Flotte von acht minoischen Schiffen zu sehen, die sich wie in einer Art Prozession von einer Stadt zu einer anderen über das Meer bewegen.

Einige Schiffe tragen Segel, andere werden offenbar gerudert. Die festlich geschmückten Personen an Bord deuten darauf hin, dass es sich um einen Besuch oder eine Prozession handeln könnte. Solche Konvois dienten damals allerdings durchaus nicht nur zeremoniellen Zwecken, sondern auch als Schutz. Denn vor allem die Frachtschiffe hatten meist nur eine relativ kleine Besatzung – viel zu wenig, um den Angriff von Piraten abzuwehren. Um die kostbare Ladung vor solchen Angriffen zu schützen, bewegten sich die Minoer daher auf ihren Handelsexpeditionen vorwiegend im Konvoi.

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Nadja Podbregar
Stand: 18.07.2014

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In den Schlagzeilen

Inhalt des Dossiers

Im Reich des Minotaurus
Die Minoer - die erste Hochkultur Europas

Hochkultur im Nirgendwo
Woher kamen die ersten Minoer?

Spurensuche im Erbgut
Was minoische Skelette über ihre Wurzeln verraten

Doppelaxt und Stierkult
Die rätselhafte Religion der Minoer

Die Flotte des Minos
Eine mächtige Seemacht - mit vielen Fragezeichen

Ende einer Großmacht
Was war schuld am Untergang des minoischen Reiches?

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