Heute mühen sich Staat und Naturschützer vielerorts, Fehler rückgängig zu machen und so die Flusskrebsbestände wieder aufzustocken. Bachsohlen werden mit Fels, Kies und Sand renaturiert, Bachläufe entfichtet, Flusskrebse wieder angesiedelt. Im Oberen Ahrtal vermehrten Harald Groß und Gleichgesinnte Edelkrebse in kleinen Teichanlagen und siedelten Astacus astacus in Seitenbächen der Ahr wieder an.
Chance nur in Nischen-Standorten
Eine flächendeckende Ansiedlung wird wegen der Krebspest aber nicht mehr möglich sein. Die Eifelflüsse Ahr, Urft, Olef und Kyll hält der Signalkrebs schon besetzt, und in den Urftstausee, das Herz des Nationalparks Eifel, „wird er einwandern“, prophezeit Groß. Ähnlich Austropotamobius torrentium, der zehn Zentimeter kleine Steinkrebs, der Fließgewässer bevorzugt. Auch ihm haben Krebspest, Bachbegradigungen und Wasserverschmutzung zugesetzt.
In der Eifel gibt es kein gesichertes Steinkrebsvorkommen mehr. In NRW leben nur noch im Siebengebirge Steinkrebse. Einen Reliktbestand im Mittelalterstädtchen Bad Münstereifel, durch das die Erft fließt, löschte 2007 ein Hochwasser aus.
Selbst im Nationalpark Eifel ist er nicht mehr heimisch, soll dort in sommerkühlen Bächen aber wieder angesiedelt werden. Drei Bäche haben sich Naturschützer dazu ausgeguckt. Klein, quellnah und frei von anderen Krebsarten müssen die Gewässer sein – und durch eine unüberwindbare Barriere vor der US-Konkurrenz geschützt sein. Mit der Vermehrung von Zucht-Steinkrebsen wurde schon 2011 begonnen. Weil bei vielen der Zuchttiere die Eier verpilzten, wird die Auswilderung nicht vor 2015 beginnen. Drei Jahre lang sollen jährlich 300 Steinkrebse in jeden der Bäche eingesetzt werden.
Neue Steinkrebse für den Lorbach
„Hier im Lorbach“, sagt Anika Poetschke von der Biologischen Station StädteRegion Aachen beim Gang durch den Nationalpark, „da wird es gehen“. Munter plätschert der Bach zwischen jungen Birken und Bombenkratern aus dem Zweiten Weltkrieg – US-Piloten versuchten damals die Urftstaumauer zu treffen. Der Bach versickert vor Ende seines Laufs, um sich unterirdisch in den Urftstausee zu ergießen. „Der Signalkrebs hat hier keine Chance, Krebssperren brauchen wir hier nicht“, sagt Poetschke. „Das Steinkrebs-Vorkommen wäre isoliert.“
Einen weiteren Standortvorteil nennt die Forstamtsrätin Gabriela Geitz, die den Parkbezirk Wolfsgarten leitet: „Im Lorbach gibt es keine Forellen.“ Damit scheidet ein wichtiger Fressfeind aus. Mit unerwünschten Arten im Nationalpark kennt sie sich aus. Seit 60 Jahren geistern einst zur Faunabereicherung ausgesetzte Mufflons durch den Wald und richten reichlich Verbissschäden an. „Es wurde schon diskutiert, alle abzuschießen“, erzählt Geitz. „Aber wo ist man schon alle Exemplare einer invasiven Art wieder losgeworden?“
Kai Althoetmar
Stand: 02.10.2014