Seit 1960 bestimmen sieben Grundeinheiten nahezu alles, was man messen kann. Denn alle Maßeinheiten lassen sich direkt oder indirekt auf diese „fundamentalen Sieben“ zurückführen. Zu diesen sogenannten SI-Einheiten gehören der Meter, das Kilogramm und die Sekunde. Außerdem Kelvin als thermodynamisches Maß der Temperatur, Ampere als Einheit der Stromstärke, Candela für die Lichtstärke und das Mol als Einheit für die Stoffmenge.
Das System der Referenzen
Um sicherzustellen, dass diese Einheiten immer und überall den gleichen Wert haben, legt die Meterkonvention fest, welches Referenzobjekt oder welche Messmethode jeweils gelten. So war für das Kilogramm bisher der Platinzylinder in Paris die weltweite Referenz. Alle nationalen Metrologiebehörden haben von diesem Ur-Kilogramm eine offizielle, geeichte Kopie. In den einzelnen Ländern werden dann weitere Kopien erstellt, die an regionale Eichämter und andere Institutionen gehen. In regelmäßigen Abständen werden alle diese Eichgewichte mit der jeweils höherrangigen Referenz verglichen, um eine dauerhafte Übereinstimmung sicherzustellen.
Im Falle von Einheiten für weniger „fassbare“ Maße wie beispielsweise die Temperatur oder das Ampere, dienten standardisierte Messmethoden als Referenz. So war beispielsweise das Kelvin über den Tripelpunkt des Wassers definiert – den Druck- und Temperaturverhältnissen, an dem Wasser zu gleichen Teilen gasförmig, flüssig und gefroren ist. Bei 611 Pascal Druck liegt dieser Tripelpunkt per Definition bei 273,16 Kelvin. Ein Kelvin ist daher genau der Kehrwert dieser Temperatur.
Subtile Abweichungen
Das Problem jedoch: Die bisherigen Referenzobjekte und Messmethoden sind nicht hundertprozentig verlässlich. Beim Tripelpunkt beispielsweise kann schon eine winzige Abweichung in der Isotopenzusammensetzung des Wassers die Messung verfälschen. Bei Urmeter führten Temperaturschwankungen dazu, dass sich der Metallbalken ausdehnte oder zusammenzog.
Beim Kilogramm haben Vergleichsmessungen subtile Abweichungen in den Referenzzylindern enthüllt: In den letzten hundert Jahren haben einige Kopien bis zu 50 Mikrogramm Unterschied zum Ur-Kilo in Paris entwickelt. Ob dieses tatsächlich geschrumpft ist und warum, ist allerdings bis heute rätselhaft. Erschwerend kommt hinzu, dass mehrere andere SI-Einheiten bisher indirekt auf dem Kilogramm beruhten. Hat das Kilogramm ein Problem, überträgt sich dieses demnach auch auf Mol oder Ampere.
Hemmnis für Wissenschaft und Technik
Diese minimalen Abweichungen sind zwar für unseren Alltag und das Kilo Äpfel an der Obsttheke relativ unerheblich, nicht aber für Wissenschaft, Technik und Wirtschaft. Denn in der Laserphysik oder bei kleinsten Teilchen wird längst mit Trillionstel Sekunden oder Billiardstel Meter gerechnet. Beim Global Positioning System (GPS) beruht die Ortung unseres Autos auf der perfekten Synchronizität der Atomuhren an Bord der GPS-Satelliten. Gehen sie auch nur um winzige Sekundenbruchteile ungenau, ist das gesamte System fehlerhaft.
Unter anderem deshalb suchen Metrologen schon seit Jahrzehnten nach Wegen, um alle SI-Einheiten auf allgemeingültige und unveränderliche Referenzen zurückzuführen – auf die Naturkonstanten. Zu diesen Konstanten gehören beispielsweise die Lichtgeschwindigkeit im Vakuum, die Elementarladung des Elektrons oder die Planck-Konstante, die die kleinstmögliche Einheit der Energieübertragung angibt.
Doch wie bringt man diese Naturkonstanten ins Einheitensystem?
Nadja Podbregar
Stand: 23.11.2018