Für die meisten Menschen ist sie längst fester Bestandteil des Alltags – die Wettervorhersage. Abends in den Nachrichten oder morgens über den Radiowecker gehört, hilft die Prognose der Meteorologen bei der Wahl der Kleidung, der Frage, ob der Weg zur Arbeit mit dem Fahrrad oder doch lieber dem Bus zurückgelegt wird oder auch bei der Planung der Freizeitaktivitäten. Aber bis vor rund 150 Jahren war die tägliche Vorschau auf die kommenden Wetterereignisse keineswegs selbstverständlich.
Zwar gehen die ersten systematischen Wetterbeobachtungen schon auf die alten Hochkulturen der Menschheit zurück, doch für eine Prognose des kommenden Wetters fehlten die instrumentellen und mathematisch-physikalischen Grundlagen. Im 18. Jahrhundert begannen Meteorologen mit regelmäßigen Messreihen von Temperaturen, Luftdrucken und Windverhalten und schufen damit zunächst eine erste Basis für Prognosen. Es dauerte jedoch noch bis 1851, bis anläßlich der Londoner Weltausstellung erstmals eine tägliche Wetterkarte für Europa herausgegeben wurde. Die Unterlagen dazu lieferten 22 Wetterstationen in verschiedenen Ländern. Die gesammelten Daten wurden mit Stift und Papier, später mithilfe von mechanischen Rechengeräten ausgewertet und in die Karten eingetragen.
Eine verläßliche Wetterprognose für den nächsten Tag oder gar die darauffolgenden Tage blieb aber für die Meteorologen der damaligen Zeit noch ein Traum. Die dafür erforderlichen Berechnungen dauerten mit den gebräuchlichen mechanischen Rechengeräten zu lange, die Zahl der Daten war zu hoch. Doch kurz nach dem ersten Weltkrieg hatte der englische Wissenschaftler Lewis Fry Richardson eine Idee: Statt eines einzelnen Meteorologen, der die immer umfangreicheren Wetterdaten langwierig analysieren und in eine Prognose umsetzt, könnte man doch mehrere Rechner parallel arbeiten lassen. Die Idee eines – menschlichen – Supercomputers war geboren.
Richardson beschrieb in seinem Buch „Wettervorhersage durch numerische Prozesse“ ein riesiges Rechenzentrum, in dem 64.000 Menschen auf Galerien rings um einen kugelförmigen Raum arbeiten. An der Wand des Raumes war die Erdkarte aufgemalt und mittels eines Gitternetzes in einzelne Rastereinheiten unterteilt. Jeder der „Rechenknechte“ auf den Galerien wäre dann für eine dieser Einheiten zuständig und sollte aus den Beobachtungsdaten und den Ergebnissen seiner jeweiligen Nachbarn den Wetterbericht für diesen Punkt der Welt liefern. Ein Dirigent sollte, so die Vorstellung von Richardson, die Bewegungen synchronisieren und die „Wetterfrösche“ im Takt halten.
Im Prinzip war Richardsons Idee bereits ein visionärer Vorgriff auf die Supercomputer, die heute in den Rechenzentralen der Wetterdienste arbeiten. Auch sie rechnen parallel, zahlreiche Prozessoren verarbeiten gleichzeitig die ungeheuren Datenmengen, die von Wetterstationen, Satelliten und Wetterballons geliefert werden. Aber wie entsteht aus diesen Daten das „Wetter von morgen“?
Stand: 27.01.2001