Woher aber stammten die frühen Siedler Yucatans? Und wie kamen sie dort hin? Der mexikanische Paläoanthropologe Alejandro Terrazas hat menschliche Überreste untersucht, um Hinweise zur Beantwortung dieser Fragen zu finden. Dabei stellte er deutliche morphologische Unterschiede zu den heutigen Bewohnern Yucatans, den Maya, fest.
Die Funde zeigen auch keine Ähnlichkeit mit dem nördlichen urasiatischen Menschentyp. Das leicht nach vorne geneigte Gesicht und die glatte und ebene Innenseite der Zähne deuten vielmehr auf Menschen aus Indien, Indonesien oder den Pazifischen Inseln hin.
Hypothese gerät ins Wanken
Diese Daten stehen in Widerspruch zu der bislang allgemein anerkannten Hypothese, dass die ersten Menschen vor 11.000 Jahren aus Nord-Asien über die Beringstraße wanderten und Nordamerika besiedelten. Damals war der hohe Norden des Kontinents noch mit einem Eisschild in Westkanada und den Gletschern der Rocky Mountains und der Küstengebirge bedeckt.
Die Menschen dieser „Clovis“-Kultur sollen sich in nur rund 500 Jahren über den gesamten nordamerikanischen Kontinent bis Mittelamerika ausgebreitet haben – ein Gedanke, der nur schwer nachzuvollziehen ist. Allerdings weisen jüngere Funde in Pennsylvania, Oregon und Chile darauf hin, dass die ersten Menschen in Amerika auch schon einige Jahrtausende vor der Clovis-Kultur auf den Kontinent gelangt sein könnten.
Neues Projekt soll Geheimnisse lüften
Die Fragen nach dem Ursprung, dem Zeitpunkt der Besiedlung und der weiteren Verbreitung der ersten Menschen auf dem amerikanischen Kontinent sind weiterhin spannend. Die Cenotes und Höhlen Yucatans scheinen in diesem Puzzle eine Schlüsselposition einzunehmen. Wir hoffen, die in ihnen verborgenen Geheimnisse zukünftig im Rahmen eines deutsch-mexikanischen Forschungsprojekts lüften zu dürfen. Dabei sollen erstmals systematisch erhobene paläontologische, sedimentologische und paläoklimatische Daten im Vordergrund stehen.
Wolfgang Stinnesbeck / Forschungsmagazin „Ruperto Carola“ der Universität Heidelberg
Stand: 07.10.2011