Einige Wanzenarten haben auch Ozeane und andere Gewässer erobert: Die Wasserwanzen, zu denen unter anderem die Schwimm- und Ruderwanzen und die Rückenschwimmer zählen, tummeln sich in Tümpeln, Teichen und Seen. Fünf Vertreter dieser Familie treiben sogar ihr ganzes Leben auf hoher See.
Perfekt ausgestattet
Diese Lebensweise bedingt eine besondere Ausstattung der Insekten: Alle Wasserwanzenarten verfügen über eine stromlinienförmige Körpergestalt und meist deutlich ausgebildete Schwimmbeine zur Fortbewegung. Die Ruderorgane sind zusätzlich meist mit Borstenhaaren besetzt, um ihre Oberfläche zu vergrößern. Weniger schwimmtaugliche Arten krabbeln und klettern bevorzugt an Wasserpflanzen oder Steinen umher.
Ein weiteres kennzeichnendes Merkmal der Wasserwanzen sind die vielfach gut ausgebildeten Vorderflügel. Fliegen können sie aber meist nicht. Die Fühler aquatischer Insekten sind stark verkürzt und von oben nicht sichtbar. Wasserwanzen sind fast durchweg räuberisch lebende Tiere, die in stehenden Gewässern mit Hilfe ihres Stechrüssels Beute machen.
Manche Wasserwanzenarten besitzen bestimmte Atemröhren am Hinterleib, die sie aus dem Wasser herausstrecken. Der Körper anderer Wanzenarten ist stattdessen von einem Luftfilm bedeckt, der auf dem Rücken von den Flügeln und auf der Unterseite von wasserabweisenden Härchen gehalten wird. Dieser Luftvorrat dient zur Atmung. Zum Luftholen erscheinen die Wanzen nur kurze Augenblicke an der Wasseroberfläche. Sie verlassen das Wasser nur, wenn sie einen Ortswechsel vornehmen oder zur Überwinterung an Land gehen.
Auf und im Wasser unterwegs
Einige Arten sind sogar so angepasst, dass sie dauerhaft unter Wasser leben können. Sie nehmen den Sauerstoff über Hautatmung direkt aus strömungsreichen Teilen im Gewässer auf. Sie ernähren sich von Fischeiern und Kleinstlebewesen, die sie mit ihren kurzen Vorderbeinen fangen und halten. Mit den langen Mittel- und Hinterbeinen rudern und steuern sie. Die Weibchen legen ihre Eier auf Treibholz, Vogelfedern oder Algen ab.
Leichter zu finden und zu beobachten sind dagegen die Wasserläufer: Unter ihnen sind die Meerwasserläufer der Gattung Halobates mit knapp 50 Arten auf dem Ozean heimisch. Sie leben vor allem in warmen Gewässern in Küstennähe rund um den Äquator. Das Faszinierende: Bis heute ist ungeklärt, wie die Weibchen in den Weiten des Ozeans ein Männchen finden.
Die Wasserläufer-Arten der Unterordnung Amphibiocorisae leben dagegen auf dem Wasserspiegel oder am Ufer vieler Tümpel, Teiche und Seen. Zu ihnen gehören die Wasserreiter und Teichläufer. Auch die im Gartenteich bekannten Wasserläufer, Rückenschwimmer und Wasserskorpione gehören zu den Wanzen
Die Lauteste unter ihnen
Ganz spezielle Vertreter der Wasserwanzen sind die Ruderwanzen (Micronecta). Die nur zwei bis 14 Millimeter kleinen, unauffällig braun gefärbten Insekten finden sich in fast allen stehenden und langsam fließenden Gewässern. Zu Gesicht bekommt man sie jedoch meist nur, wenn sie auftauchen um ihren Luftvorrat im Hohlraum ihres Halsschilds zu erneuern.
Das Faszinierende: Die so winzige Ruderwanze ist das Tier, das im Verhältnis zu seiner Körpergröße die lautesten Geräusche hervorbringt. 99,2 Dezibel erreicht das am Boden von Tümpeln und Teichen lebende Insekt, so die Messungen britischer Forscher. Der erzeugte Lärm entspricht damit dem eines nahe vorbeifahrenden Lastwagens. „Obwohl 99 Prozent der Lautstärke beim Übergang vom Wasser an die Luft geschluckt werden, ist das Zirpen so laut, dass ein Mensch, der am Ufer entlang geht, diese kleinen Kreaturen vom Grund des Gewässers hören kann”, erklärt James Windmill von der University of Strathclyde.
Technische Meisterleistung
Aber was steckt dahinter? Gezirpt wird nur von den Männchen der Ruderwanze, die damit Weibchen anlocken wollen. Das „Singen“ der Ruderwanzen wird von ihnen mit Hilfe eines speziellen Schrillorgans erzeugt. Sie streichen dabei Borstenfelder an den Innenseiten der Vorderschenkel über eine vorspringende, scharfe Kante an der Seite ihres Kopfes. Die lauterzeugende Reibefläche am Bein der Tiere ist nur 50 Mikrometer groß – gerade einmal so breit wie ein menschliches Haar. Der so erzeugte hohe Ton wird von der Luftblase an ihrem Vorderkörper verstärkt. Warum die Tiere dabei eine rekordverdächtige Lautstärke erreichen, ist allerdings noch unklar.