Das „Gesundheitsprogramm der Natur“, „Die grüne Kraft aus dem Gras“ oder gar die „Quelle ewiger Jugend“ – im Reigen der funktionellen Lebensmittel sind Pflanzeninhaltsstoffe stark im Kommen. In Großbritannien kann die „Frau ab 40“ mit dem „Lady-Brotlaib“ bereits beim Frühstück pflanzliche Hormone gegen das Altern zu sich nehmen, in Deutschland wetteifern Sojadrinks, Aloe Vera-Joghurt und Gingkotee um hoffnungsfrohe KäuferInnen.
Besonders verkaufsträchtig sind dabei Zusätze von traditionellen – gerne auch asiatischen – Arzneipflanzen. Gingko, Ginseng, Rotklee oder Johanniskraut sollen dem Verbraucher „die Heilkraft der Natur“ bringen und beispielsweise dem Altern, dem Alltagsstress oder sogar Krebs entgegenwirken.
Tatsächlich haben beispielsweise Pflanzenhormone, wie Phytoöstrogene, vermutlich tatsächlich eine schützende Wirkung bei einigen Krebsarten und können möglicherweise auch einer Osteoporose vorbeugen. Zumindest zeigen Studien, dass eine Soja-reiche Ernährung aufgrund der enthaltenen Phytoöstrogene, besonders des Isoflavons „Genistein“, das Risiko für hormonabhängige Krebsarten, kardiovaskuläre Erkrankungen und Knochenverlust nach den Wechseljahren reduziert.
Gerade weil diese Wirkstoffe in den menschlichen Hormonhaushalt eingreifen können, warnen Verbraucherschutzorganisationen und Ernährungsexperten vor solchen Zusätzen in Functional Food. Ihrer Ansicht nach sind pflanzliche Arzneistoffe, insbesondere Pflanzenhormone, gerade in höheren Dosierungen ein schwer kalkulierbares Risiko. Denn die unkontrollierte Zufuhr und unerkannte Wechselwirkungen mit bereits eingenommenen Medikamenten können schwere Nebenwirkungen hervorrufen.
Doch auch ein „Zuwenig“ ist nicht selten. Dann nämlich, wenn das, was drauf steht, nicht oder nur zu winzigen Bruchteilen überhaupt drin ist. Die Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen hat im Jahr 2003 verschiedene Functional Food-Drinks untersucht und dabei reichlich „Schwarze Schafe“ entdeckt. 167 der 238 untersuchten Getränke warben zwar massiv mit gesundheitsfördernden pflanzlichen Zusätzen, diese waren jedoch oft nur in so geringen Mengen vorhanden, dass mit Sicherheit keinerlei Wirkung zu erwarten wäre. In besonders krassen Fällen wurde sogar nur das entsprechende Aroma eingesetzt, von Inhaltsstoffen keine Spur.
Ob nun zuviel oder zuwenig – der Verbraucher hat zur Zeit kaum eine Chance, die tatsächliche Dosierung und mögliche Wirkung solcher Pflanzenzusätze zu beurteilen. Die meist ungenügende Kennzeichnung deklariert nur selten, wieviel von den „natürlichen Gesundmachern“ eigentlich in einem Lebensmittel versteckt ist. Und wenn doch, fehlen Vergleichswerte, die eine Einordnung erlauben. Für die Verbraucherzentrale ist das Fazit ihrer Studie daher klar: Arzneimittel – egal welcher Dosierung – gehören nicht in Lebensmittel. Ob sich diese Haltung allerdings angesichts des boomenden Markts durchsetzt, bleibt abzuwarten…
Stand: 23.04.2004