Babylon – am Ufer des Euphrats, ungefähr 90 Kilometer südlich von Bagdad (Irak)
Auftraggeber: König Nebukadnezar II (605 bis 562 vor Christus)
Bauzeit: um 600 vor Christus
Aussehen: terrassenförmige Gartenanlage mit üppiger Pflanzenpracht
Bewässerung: durch ein paternosterähnliches Schöpfwerk
Zweck: Geschenk für seine Frau
Zustand: völlig zerstört
Babylon, an den Ufern des Euphrats gelegen, war vielleicht die größte und prächtigste Stadt des Altertums. Ihre mächtige Stadtmauer machte aus ihr die imposanteste Festung der Welt. Hier war aber auch der erste botanische Garten der Welt – die Hängenden Gärten von Babylon – zu finden. Um sie ranken sich viele Legenden. Bis heute ist nicht vollständig geklärt, ob sie tatsächlich existierten oder vielleicht doch nur Hirngespinste griechischer Poeten und Historiker waren. Merkwürdig ist auch, dass Herodot – ein bekannter griechischer Geschichtsschreiber – zwar die imposante Stadtmauer von Babylon in seinen Aufzeichnungen ausführlich erwähnt, aber mit keinem Wort auf die prächtige Gartenanlage des Stadtpalastes eingeht.
Doch der deutsche Archäologe Robert Koldewey entdeckte 1899 unter haushohem Schutt einen einmaligen Gewölbebau. Die 14 Kammern mit meterdicken Außenmauern und Decken identifizierte er vorsichtig als den Unterbau der Hängenden Gärten. Auf dem Kellergewölbe befand sich ein Zentralbau mit unterschiedlichen Terrassenebenen, die jeweils fünf Meter hoch waren. Die Konstruktion stieg terrassenförmig gegen die Mauer an, wobei die oberste Stufe in Höhe der Krone der babylonischen Stadtmauer lag.
Das Gewölbe musste einiges an Gewicht aushalten und der Aufbau scheint recht durchdacht gewesen zu sein: 5,45 Meter lange und 1,35 Meter breite Steinbalken bedeckten jede Terrasse über dem Gewölbe. Darauf lag eine Mischung aus Schilf und Asphalt, die von einer doppelten Schicht gebrannter Ziegeln bedeckt war. Die Fugen wurden mit Gips ausgegossen. Damit keine Feuchtigkeit in den Unterbau gelang und ihn beschädigte, kam auf die Ziegel eine Schicht aus Blei. Darauf wurden schließlich drei Meter Erde geschüttet – der Nährboden der Hängenden Gärten. Selbst die größten und mächtigsten Bäume konnten hier wurzeln.
Der geheimnisvolle Brunnen
In einer dieser Kammern fand Koldewey einen hier ansonsten unüblichen Brunnen. Koldeweys einzige Erklärung hierfür war, dass es sich um ein mechanisches Schöpfwerk handeln musste, das für die Bewässerung der Hängenden Gärten diente. Das Prinzip glich dem eines Paternosters – mehrere Schöpfkästen hingen an einer Kette und drehten sich über ein Rad, das oberhalb des Brunnens angebracht war. Das Wasser wurde auf jeder Ebene in lange Rinnen geleitet und bewässerte so die Gärten. Im Kreis gehende Tiere mussten das Rad in ständiger Bewegung halten und so für eine kontinuierliche Wasserzufuhr vom nahegelegene Euphrat sorgen.
Ein zusätzlicher Hinweis, dass es sich bei Koldeweys Entdeckung um die Hängenden Gärten handelt, könnte der gefundene Haustein sein. Historischen Quellen zufolge wurde er nur äußerst selten benutzt unter anderem jedoch – so die Überlieferung – bei den Hängenden Gärten.
Der Gewölbebau, das paternosterähnliche Schöpfwerk, der Haustein – genügend Hinweise für die Hängenden Gärten von Babylon? Nein, meinen zahlreiche Experten. Die archäologischen Funde seien nicht schlüssig und die einzigen zeitgenössischen Quellen stammen von den griechischen Geschichtsschreibern Strabo und Philon von Byzanz, die die Gärten nie mit eigenen Augen gesehen haben. Möglicherweise waren die gefundenen Gewölbe sogar nur einfache Vorratsräume. Zusätzliche Verwirrung stiftet der Beiname „Semiramis“, denn die Frau König Nebukadnezar II, die die künstlichen Gärten von ihm geschenkt bekam, hieß nicht so…
Doch trotz aller Skepsis waren doch die historischen Aufzeichnungen zu beeindruckend, als dass sie als pure Phantasiegeschichten abgetan werden könnten. Wer weiß, vielleicht werden bei Ausgrabungen eines Tages noch Beweise gefunden, die die Existenz der Hängen den Gärten von Babylon belegen…
Stand: 26.07.2001