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Virologie

Die Herpes-Familie

Herpesviren bei Mensch und Tier

Wer von Herpes spricht, meint damit meist die kleinen Bläschen an der Lippe, die durch das umgangssprachlich gleichnamige Virus verursacht werden. Doch dieses Virus hat über 200 bekannte Verwandte und nahezu ebenso viele Wirte. „Herpesviren wurden in vielen Säugetierarten sowie in Vögeln, Reptilien, Amphibien, Fischen und sogar in Weichtieren nachgewiesen“, sagt Gudrun Wibbelt vom Berliner Leibniz-Institut für Zoo- und Wildtierforschung. Betroffen sind beispielsweise verschiedene Affenarten, Pferde, Katzen, Hunde und Fledermäuse, aber auch Tauben, Störche, Koi-Karpfen und Schildkröten.

Illustration des Aufbaus eines Herpesvirus
Herpesviren bestehen aus einer Virushülle und einem ikosaedrischen Kapsid, das die virale DNA beinhaltet. © Laboratoires Servier /CC-by 3.0

Humane Herpesviren

Herpesviren sind dabei immer artspezifisch, Artsprünge sind selten und die allermeisten kommen nur bei Tieren vor. Neun dieser Viren sind jedoch an den Menschen angepasst und treten ausschließlich in unserem Körper auf. Dazu gehören neben besagtem Lippenherpes – Herpes simplex-Virus Typ 1 (HSV-1) – auch sein Namensvetter HSV-2 sowie das Varizella-Zoster-Virus (VZV oder HHV-3), das Epstein-Barr-Virus (EBV oder HHV-4) und das Cytomegalie-Virus (CMV oder HHV-5). Darüber hinaus gehören die Humanen Herpesviren (HHV) 6A, 6B, 7 und 8 dazu. Letzteres wird auch Kaposi-Sarkom-assoziiertes Herpesvirus (KSHV) genannt.

Diese neun Herpesviren befielen schon unsere Vorfahren. Seither haben sie sich über Millionen von Jahren sehr gut an den menschlichen Körper angepasst und sind heute in der Weltbevölkerung weit verbreitet. Jeder Erwachsene trägt eines oder mehrere dieser humanen Herpesviren in sich – und das sein Leben lang. Denn die Viren bleiben nach der ersten Infektion für immer im Körper.

Wie kommt es zur Erstinfektion?

Dass Herpesviren so weit verbreitet sind, liegt an ihrer leichten Übertragung. Die Viren werden vor allem bei direktem Hautkontakt sowie über Speichel, Blut oder andere Körperflüssigkeiten weitergegeben, etwa beim Küssen oder Sex. Über die Schleimhäute des Mundes oder der Genitalien gelangen die Viren dann in unseren Körper.

Doch auch über die Tröpfchen beim Niesen und Husten ist eine Ansteckung möglich. Außerdem könne die Herpesviren über benutzte Textilien wie Handtücher und Servietten oder kontaminiertes Geschirr den Wirt wechseln und ausgehend von bereits Betroffenen weitere Menschen infizieren.

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Transmissionselektronenmikroskopie(TEM)-Aufnahme von Herpes simplex Viren
Transmissionselektronenmikroskopie(TEM)-Aufnahme von Herpes simplex Viren. Herpesviren nisten sich in Nervenzellen ein und bleiben dort bis zu ihrer Reaktivierung inaktiv. © CDC/ Dr. Fred Murphy/gemeinfrei

Schlafende Viren

Wir merken allerdings meist nichts von den Herpesviren, weil sie sich nach der ersten Infektion in unseren Nervenzellen einnisten und dort in eine sogenannte latente Phase übergehen. In dieser „schlafenden Phase“ verhalten sich die Viren unauffällig und bilden keine neuen Viruspartikel aus.

In diesem Zustand werden sie nicht mühsam von unserem Immunsystem bekämpft, sondern von diesem mit relativ wenig Aufwand in Schach gehalten. Wir spüren daher auch keine Symptome durch latente Herpesviren. „So kann sich ein Herpesvirus lebenslang im Körper verstecken“, sagt Adam Grundhoff vom Hamburger Heinrich-Pette-Institut.

Wecker für den Dornröschenschlaf

Es gibt jedoch Situationen, die die latenten Herpesviren wieder aufwecken können. In unserer Wahrnehmung sind das oft die denkbar unpassendsten Momente. Doch diese Situationen treten nicht willkürlich ein, sondern immer dann, wenn unser Immunsystem anderweitig beschäftigt ist. Das kann bei einer bakteriellen Infektion der Fall sein, aber auch bei Stress und starken emotionalen oder körperlichen Belastungen. Deshalb entwickeln wir meist gerade dann die lästigen Lippenbläschen.

„Die häufigsten Anlässe für ein solches Wiederaufflammen sind länger anhaltender Stress, Erkältungen, Schlafmangel, Fieber oder der Menstruationsbeginn“, sagt die Virologin Daniela Huzly vom Universitätsklinikums Freiburg. Zudem können Umweltbelastungen wie Feinstaub und Sonnenlicht, Medikamente und Erkrankungen wie Aids oder genetische Defekte das Immunsystem schwächen. All diese Faktoren können dazu führen, dass Herpesviren reaktiviert werden und durch sie verursachte Erkrankungen erneut aufflammen.

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In den Schlagzeilen

Inhalt des Dossiers

Herpes: Mehr als nur Ausschlag
Eine schrecklich nette Virusfamilie

Die Herpes-Familie
Herpesviren bei Mensch und Tier

Wann die lästigen Bläschen gefährlich werden
Von Lippenherpes bis Gürtelrose

Herpes und Krebs
Tumore durch Epstein-Barr-Virus und Co

Herpesviren unter Generalverdacht?
Alzheimer, Long Covid und andere mögliche Herpes-Spätfolgen

Hilfe gegen Herpes
Woran arbeiten Herpes-Forscher?

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