Die Frage nach möglichen medizinischen Auswirkungen des Wetters ist nicht neu: Schon vor Tausenden von Jahren haben sich die Menschen Gedanken über einen möglichen Zusammenhang von atmosphärischen Prozessen auf die Gesundheit gemacht. In Mesopotamien entdeckten Wissenschaftler eine rund 5.000 Jahre alte ärztliche Anweisung, die Bezug auf das Wetter nimmt, und auch im Gilgamesch-Epos wird den Winden eine Krankheits- und Fieber erregende Rolle zugesprochen.
In der griechischen Antike ist es der Urvater aller Ärzte, Hippokrates, der empfiehlt: „Wer die Heilkunst in der rechten Weise ausüben will, der muss zunächst die Jahreszeiten in ihrer Wirkung betrachten, dann die warmen und die kalten Winde, vor allem die, welche für alle Menschen gemeinsam sind, aber auch die, welche in jedem einzelnen Lande zu Hause sind.“
Im 18. Jahrhundert erlebt das Thema nach längerer Pause wieder eine wahre Renaissance. Goethe berichtet über seine Beobachtung, dass er bei hohem Barometerstand besser arbeiten könne als bei niedrigem und der Gelehrte und Forschungsreisende Alexander von Humboldt beschreibt die Bedeutung der Atmosphäre für die Gefühle der Menschen. Etwas systematischer möchte der Universalgelehrte Gottfried Willhelm Leibniz vorgehen, der an seine Kollegen appelliert, wetterbedingte Krankheiten doch systematisch zu erfassen.
Zu diesem Zeitpunkt kursieren auch erste wissenschaftliche Hypothesen über die Ursachen der Wetterfühligkeit. Als vielversprechende und vielfach untersuchte Kandidaten gelten die beispielsweise bei Gewittern beobachtete Luftelektrizität und der Erdmagnetismus.
1877 beschreibt S. Weir Mitchell, Arzt aus Philadelphia, in einem Artikel in der renommierten Fachzeitschrift „American Journal of Medical Sciences“ noch einen anderen Zusammenhang: Den zwischen Schmerzen und Luftdruckänderungen. In einer Studie an einem Kriegsversehrten beobachtet er, dass dessen Beschwerden sich immer dann verschlimmern, wenn der Luftdruck fällt und die Temperaturen und Feuchtigkeit ansteigen, aber wieder abklingen, wenn das Tiefdruckgebiet abzieht.
Ähnliches stellen auch rund siebzig Jahre später der deutsche Meteorologe Otto Hollich und Claus Thurow, ein ebenfalls Kriegsverwundeter fest. Fünf Jahre lang führt Thurow ein detailliertes Tagebuch über sein Befinden, das der Meteorologe mit den damals modernsten statistischen Methoden mit dem Wetter in Beziehung setzt. Diese Studie gilt heute als der Startschuss für die Biometeorologie, die Lehre vom Einfluss des Wetters auf das Leben („Bios“).
Stand: 16.04.2004