Die Eruption des Laacher Vulkans in der Eifel vor rund 13.000 Jahren war eines der verheerendsten Ereignisse in Mitteleuropa in den vergangenen zwei Millionen Jahren. Überall in Europa könnte die Explosion zu hören gewesen sein, die Aschesäule war weithin sichtbar und bis zu 40 Kilometer hoch. Die Eruption dauerte mehrere Tage an, die direkte Umgebung des Vulkans wurde unter einer bis zu 50 Meter mächtigen Schicht aus Vulkanasche und Bims begraben.
Feine Aschepartikel verteilten sich bis nach Norditalien, Skandinavien und Russland. Sogenannte pyroklastische Ströme, also Glutlawinen, erreichten den Rhein und hatten katastrophale Auswirkungen. Sie stauten den Fluss beispielsweise an der Andernacher Pforte, worauf sich zeitweilig ein See im Neuwieder Becken bildete. Sintflutartige Starkniederschläge nach dem Ausbruch hinterließen in den mächtigen Aschendecken tiefe, steile Rinnen.
Flucht aus der verwüsteten Ödnis
Gab es menschliche Zeugen der Apokalypse? Archäologische Funde belegen, dass unsere Vorfahren – kleine Gruppen von Jägern und Sammlern – während der ausklingenden Eiszeit durch Europa zogen. Schon vor rund 19.000 Jahren wagten sich erste Menschengruppen aus den weiter südlich gelegenen Refugien wieder bis nach Mitteleuropa vor, wie Funde in der Schwäbischen Alb belegen. Auch unterhalb der Bimsablagerungen des Laacher-See-Vulkans im Neuwieder Becken wurden paläolithische Lagerplätze gefunden.
Nach dem Ausbruch des Laacher Vulkans bedeckte die vulkanische Asche jedoch fast kniehoch das Land und erstickte nahezu alles Pflanzenwachstum und Leben. Heute würde bei solchen Bedingungen die Region evakuiert werden – und auch vor 13.000 Jahren war die Folge, dass die umherziehenden Menschen in den folgenden Jahrhunderten weite Teile Mitteldeutschlands mieden.
Ereignete sich die Katastrophe 130 Jahre früher?
Im Jahr 2021 erschien im renommierten Fachjournal „Nature“ eine Studie, in der ein Team um Frederick Reinig von der Universität Mainz eine Neudatierung des Laacher Vulkanausbruchs vornahmen – und damit eine Kontroverse auslösten. Die Forschenden hatten Radiokarbondatierungen bei verkohlten Baumstümpfen vorgenommen, die bei der Eruption verschüttet worden waren. Aufgrund ihrer Daten kamen sie zu dem Schluss, dass der Ausbruch rund 130 Jahre früher stattgefunden haben musste als bislang angenommen.
Diese zeitliche Verschiebung hat potenziell weitreichende Auswirkungen. Denn die Asche des Ausbruchs dient als wichtiger Marker für die Datierung von Sedimentschichten, etwa in Seen. Die Schlussfolgerung von Reinig und seinen Kollegen ist daher nicht nur für die Vulkanologie und Geologie, sondern auch für die Klimatologie und Archäologie von enormem Interesse, da sie für die Datierung von Funden und die Rekonstruktion vergangener Klimabedingungen entscheidend sein kann.
…oder doch nicht?
Wenig später aber zweifelte ein britisches Forschungsteam um James Baldini von der Durham University die Neudatierung an: Die Radiokarbondatierung sei verfälscht durch vulkanische Gase, die sich in den Baumringen abgelagert hätten. Darüber hinaus verwiesen die Wissenschaftler auf einen Anstieg der Schwefelwerte in grönländischen Eisschichten und in Seesedimenten, der kurz nach dem bislang gültigen Datum für den Laacher-See-Ausbruch nachweisbar se. Allerdings ist unklar, ob diese Schwefelschicht überhaupt vom Laacher Vulkan stammt.
Die wissenschaftliche Gemeinschaft aber war nun hinsichtlich der genauen Datierung der Laacher-See-Eruption gespalten. Und bis heute herrscht in Teilen der Fachwelt immer noch Uneinigkeit über die direkten und indirekten klimatischen Folgen des apokalyptischen Ereignisses.