Einen tieferen Einblick in die Krankenakten der ägyptischen Elite geben weitere Mumienstudien. Denn sie zeigen, dass die Reichen und Mächtigen im Reich am Nil sogar an den gleichen Zivilisationskrankheiten litten wie wir heute: Auch bei ihnen gab es schon Arterienverkalkungen und Herz-Kreislauf-Erkrankungen.
Mumien in der Röhre
Entdeckt haben dies Forscher im Jahr 2011, als sie im Rahmen der sogenannten „Horus“-Studie insgesamt 52 ägyptische Mumien einem medizinischen Checkup unterzogen: Alle Mumien mussten in die Röhre und wurden mit Hilfe der Computertomografie gründlich durchleuchtet.
Das Ergebnis war erstaunlich: Bei fast der Hälfte der untersuchten Mumien fanden die Forscher klare Anzeichen für eine Arteriosklerose. Ihre Adern waren durch eine im CT-Bild weißlich erscheinende Masse verengt oder sogar ganz zugesetzt. Die Diagnose war klar: Auch die alten Ägypter litten offenbar schon an der heute so verbreiteten Verkalkung ihrer Gefäße. Drei der Toten waren wahrscheinlich sogar an einem Herzinfarkt gestorben – bei ihnen saßen die Verstopfungen in den Herzkranzgefäßen.
Pharaonentochter mit Herzinfarkt
Eine der am schwersten betroffenen „Patienten“ war die Pharaonentochter Ahmose-Meryet-Amun, die von 1580 bis 1550 vor Christus in Theben lebte: Bei ihr waren sogar fast alle sichtbaren Gefäße verengt oder zugesetzt – darunter auch zwei der drei Hauptarterien, die den Herzmuskel versorgen. „In der heutigen Zeit würde sie dringend eine Bypass-Operation brauchen“, sagt Gregory Thomas von der University of California in Irvine.
Warum aber erkrankten die ägyptische Prinzessin und ihre Zeitgenossen überhaupt an dieser Volkskrankheit? Denn eigentlich konnte es sich die reichen Ägypter damals durchaus leisten, sich abwechslungsreich und gesund zu ernähren. Wie man weiß, gehörten zu ihrem Speiseplan neben Getreideprodukten wie Brot und Bier auch Gemüse, Früchte und auch das Fleisch einiger Tiere. Insgesamt also eine durchaus gesunde, fettarme Ernährung.
Was war die Ursache?
Nach Ansicht der Forscher gibt es dafür drei mögliche Erklärungen: Zum einen könnten die Ägypter – ähnlich wie manche Menschen heute – aufgrund einer genetischen Veranlagung besonders anfällig für die Arteriosklerose gewesen sein. Auch ein Effekt der Ernährung lässt sich nicht ausschließen. Zwar war die normale Ernährung der damaligen Ägypter eher gesund, aber die Eliten aßen möglicherweise mehr ungesunde Luxus-Lebensmittel.
Doch wie sich im Jahr 2014 herausstellte, war bei den Ägyptern vermutlich etwas anderes schuld: ständige Infektionen und der rußige Rauch ihrer Feuerstellen. Denn beides kann chronische Entzündungen in Geweben und Organen auslösen – und auch die Gefäße so schädigen, dass sie schneller verkalken.
Eines ist damit klar: Die Arterienverkalkung ist keineswegs eine Erfindung der Neuzeit und unserer modernen Annehmlichkeiten. Sie scheint stattdessen – leider – ziemlich zeitlos zu sein. „Wir denken von Arteriosklerose immer als einer Krankheit des modernen Lebensstils, aber es ist klar, dass es sie schon vor 3.500 Jahren gab“, konstatiert auch Thomas.
Nadja Podbregar
Stand: 13.02.2015