Die Persönlichkeit von Menschen ist vielschichtig, differenziert und erst in Teilen entschlüsselt. Doch wie steht es um die Persönlichkeit unserer tierischen Kollegen? Gerade Haustierbesitzer beschwören gerne mal die Individualität ihrer eigenen Tiere: Der Dackel ist eine „feine Dame“, die Katze eine „ganz Clevere“ und sogar das Meerschweinchen soll „neugierig, aber launisch“ sein.
Neugierige Kohlmeisen
Möglicherweise ist tatsächlich etwas dran an der Vorstellung der tierischen Persönlichkeiten. Bei verschiedenen Tierarten scheinen Individuen tatsächlich unterschiedliche Charaktermerkmale an den Tag zu legen. So haben Wissenschaftler bei Meisen beispielsweise ein „Neugier-Gen“ entdeckt, also eine Genvariante, die dafür sorgt, dass einige der blaugelben Vögel ein deutlich ausgeprägteres Erkundungsverhalten an den Tag legen als ihre ängstlicheren Artgenossen – sie sind mutiger.
In dichten Populationen sind die draufgängerischen Meisen allerdings eher benachteiligt, da sie Änderungen im sozialen Umfeld sowohl schlechter vorhersehen und schlechter damit umgehen, wie Studien ergaben. Im engen Zusammenleben kann das zu Problemen führen. Das Interessante jedoch: „Unsere Daten zeigen, dass Kohlmeisen je nach Brutdichte verschiedene Verhaltensmerkmale von Jahr zu Jahr ändern“, sagt Marion Nicolaus vom Max-Planck-Institut für Ornithologie. Demnach scheinen sich die Charakterzüge der Tiere an die individuellen Überlebenschancen anzupassen.
Arbeitsteilung bei Spinnen
Auch bei anderen Tieren gibt es Persönlichkeitstypen. Bei sozialen Spinnen beispielsweise spezialisieren sich die verschiedenen Individuen in einer Gruppe auf unterschiedliche Aufgaben. Die achtbeinigen Arthropoden bauen Gemeinschaftsnetze, in denen sie gemeinsam Nachwuchs großziehen und jagen. Der Clou daran: Es gibt aggressivere Spinnen, die den Netzbau und die Beutejagd übernehmen, sowie sanftere Exemplare, die den Nachwuchs pflegen. Die ‚Berufswahl‘ der Spinnen scheint also, wie bei vielen Menschen, charakterabhängig zu sein.
Ob die Spinnen dabei instinktiv ihrem Talent folgten, prüften die Wissenschaftler, indem sie die Tiere verschiedene Aufgaben erledigen ließen. Das Ergebnis: Die sanften Spinnen waren schlechtere Jägerinnen, konnten aber gut viele Jungtiere versorgen. Bei diesem Punkt haperte es hingegen bei ihren aggressiven Artgenossen. „Unsere Ergebnisse demonstrieren den bisher vielleicht klarsten Fall einer Verbindung zwischen der Fähigkeit des Individuums und seiner Spezialisierung auf eine Aufgabe“, bemerken Jonathan Pruitt ehemals an der University of Pittsburgh und seine Kollegen.