Nach den ersten stürmischen Monaten einer neuen Beziehung wird es im Körper langsam ruhiger. Spätestens nach drei Jahren ist der dauerhafte Rauschzustand so sehr zur Gewöhnung geworden, dass er abebbt. Kopfloses Verliebtsein wandelt sich nun Schritt für Schritt in reife Liebe. Damit eine langfristige Beziehung gelingen kann, übergeben Adrenalin und Dopamin den Staffelstab nun an andere Hormone. In dieser zweiten Etappe übernimmt unter anderem das Oxytocin – auch bekannt als „Kuschelhormon“.
Oxytocin macht treu
Seinem Spitznamen entsprechend wird Oxytocin unter anderem dann ausgeschüttet, wenn wir Sex haben oder zärtliche Berührungen und Küsse austauschen. Unsere Herzfrequenz und Atmung verlangsamen sich dann, die Anspannung lässt nach, wir fühlen uns wohl, geborgen und sind weniger ängstlich. Indem wir diese positiven Empfindungen immer wieder mit unserem Partner erleben, bauen wir eine starke Bindung zu ihm auf, die wiederum zu mehr Vertrauen und Treue führt.
Wie wichtig Oxytocin für Langzeitbeziehungen ist, verdeutlicht auch ein Experiment an Präriewühlmäusen. Normalerweise leben die kleinen Nager extrem monogam. Wenn sich ein Männchen und ein Weibchen einmal gefunden haben, bleiben sie ein Leben lang zusammen. Aber: „Wenn wir die Oxytocin-Produktion blockieren, bilden sie keine langfristigen Beziehungen mehr“, berichtet Thomas Insel von der Emory Universität in New York. Stattdessen haben die Wühlmäuse nun „One-Night-Stands“ statt treuer „Ehe“.
Hormone stärken Bindung
Auch bei uns Menschen hat der Oxytocin-Spiegel direkte Auswirkungen auf die Treue. So zeigt ein Experiment zum Beispiel, dass Männer in festen Beziehungen, die zuvor ein Oxytocin-Nasenspray verwendet haben, deutlich mehr Abstand zu inszenierten Flirtpartnerinnen halten als die Vergleichsgruppe. Eine weitere Studie kam außerdem zu dem Ergebnis, dass ein beidseitig hoher Oxytocin-Spiegel zu Beginn der Beziehung die Wahrscheinlichkeit erhöht, dass Paare zusammenbleiben.
Neben Oxytocin wird auch das Bindungshormon Vasopressin bei Liebespaaren vermehrt ausgeschüttet. Es fördert einerseits die Durchblutung der Geschlechtsorgane, hat andererseits aber auch Auswirkungen auf das Verhalten. So konnten Forschende etwa bei Ratten beobachten, dass das Vasopressin die Weibchen fürsorglicher und die Männchen sozialer und weniger ängstlich machte.
Ebenfalls interessant: Männer produzieren beim Sex große Mengen Vasopressin, dafür aber nicht so viel Oxytocin. Bei Frauen ist es genau andersherum. Sie setzen vor allem Oxytocin, dafür aber weniger Vasopressin frei. In beiden Konstellationen sorgen die Bindungshormone allerdings dafür, dass wir den Orgasmus beim Sex intensiver wahrnehmen und uns danach befriedigt und glücklich fühlen.
Mutter Naturs Mindesthaltbarkeitsdatum
Doch selbst die stärksten Bindungshormone halten nicht immer ewig. Jeder von uns hat wahrscheinlich schon einmal eine Beziehung auseinandergehen sehen oder selbst die Erfahrung gemacht. Nicht immer ist die Phase der treuen, ruhigen Liebe auch das finale Stadium einer Beziehung. In vielen Fällen stellt sich eine weitere Phase ein: die der Trennung. Und diese folgt weltweit betrachtet einem überraschend einheitlichen Muster.
Wie die amerikanische Anthropologin Helen Fisher von der Rutgers University herausgefunden hat, finden die meisten Scheidungen im Schnitt nach vier Jahren statt. Gibt es also ein „natürliches Verfallsdatum“ für die Liebe? Im Prinzip ja, sagt Fisher. Ihr zufolge hat der Liebesabsturz nach vier Jahren einen konkreten, evolutionsbiologischen Grund. Nach dieser Zeit ist ein Kind, das wir gemeinsam mit unserem Partner aufgezogen haben, aus dem Gröbsten raus. In nomadischen Gesellschaften übernehmen dann meist Verwandte oder Geschwister die Erziehung, in westlichen Kulturen helfen nun Kindergarten und Schule aus.
„Diese Betreuungsstruktur ermöglicht es unglücklichen Paaren, sich zu trennen und einen geeigneteren Partner zu finden, mit dem sie weitere Kinder bekommen können“, erklärt Fisher im Magazin „Scientific American“. So oder so hat die Natur ihren Auftrag erfüllt: Zswei von Hormonen verblendete Menschen haben ein Kind gezeugt, großgezogen und das Überleben ihrer Spezies gesichert.