Auch über die Natur des Lichts tappte man vor Einstein noch ziemlich im Dunkeln: Für Isaac Newton im 17. Jahrhundert war Licht nichts anderes als ein Stahl von winzigen, leuchtenden Teilchen, sein Zeitgenosse, der Astronom Christiaan Huygens, bezweifelte dies jedoch und ging seinerseits von einer Lichtwelle aus.
Welle oder Teilchen?
Huygens‘ Ansicht setzte sich spätestens dann durch, als der Physiker Thomas Young um 1800 in einem heute klassischen Experiment bewies, dass sich Lichtstrahlen gleicher Wellenlänge je nach Phase gegenseitig verstärken oder sogar auslöschen können – eine Interferenz wie bei aufeinandertreffenden Wellen auf einem Teich. Seither galt es als bewiesen, dass Licht eine Welle sein müsse.
Aber auch mit dieser Vorstellung räumte Einstein auf. Die Erkenntnis kam ihm bei seiner Suche nach einer Erklärung für den photoelektischen Effekt, der Tatsache, dass ein energiereicher Lichtstrahl Elektronen aus einer Metalloberfläche herausschlagen kann. Im Jahr 1905 veröffentlichte er seine Schlüsse dazu. Er leitete her, dass das Licht keine reine Welle sein kann, sondern Wellen- und Teilchennatur in sich vereinen muss. Licht besteht demnach aus Photonen und verhält sich deshalb unter bestimmten Bedingungen wie ein Teilchenstrahl. Gleichzeitig aber breitet es sich aus wie eine Welle und schwingt auch so – ein bis heute schwer begreiflicher Dualismus.
Moleküle aus Licht
Der gängigen Theorie nach sind die Photonen des Lichts strenge Einzelgänger: Sie besitzen keine Masse besitzen und beeinflussen sich auch nicht gegenseitig. Jedes von ihnen verhält sich im Lichtstrahl, als wäre es allein auf weiter Flur. Doch im September 2013 gelang es Physikern, auch diese scheinbare Gewissheit zu umgehen und das Licht gewissermaßen auszutricksen: „Wir haben ein Medium erzeugt, in dem Photonen miteinander so stark interagieren, dass sie beginnen sich zu verhalten, als wenn sie Masse besäßen. Und sie verbinden sich zu einer Art Molekülen“, erklärt Mikhail Lukin von der Harvard University.
Das Licht in diesen photonisch gebundenen Zustand zu zwingen, gelang den Forschern in einer Vakuumkammer, in der sie eine Wolke aus Rubidiumatome bis auf wenige Grad über dem absoluten Nullpunkt abkühlten. In diese Wolke feuerten sie mit einem Laser jeweils zwei einzelne Photonen gleichzeitig. Und das Erstaunliche geschah: Durch die Wechselwirkung mit den Gasatomen verhielten sich die beiden Lichtteilchen plötzlich wie ein Molekül: Sie schoben und zogen sich gegenseitig – ein für Lichtteilchen völlig untypischer Effekt.
Ein Kristall aus Licht
Noch weiter gingen Physiker genau ein Jahr später, im September 2014: Sie brachten Licht dazu, zu kristallisieren. Die Photonen hielten sich gegenseitig fest und bildeten dabei eine Art Gitter. Die Lichtteilchen bilden dabei eine Art kollektives Verhalten aus, bei dem sie mal wie eine Flüssigkeit hin- und herschwappen, mal völlig einfrieren. „Das ist etwas, das wir noch nie zuvor gesehen haben – ein für Licht völlig neues Verhalten“, sagt Andrew Houck von der Princeton University.
Auch diesen Effekt erreichten die Forscher, indem sie die Wechselwirkung des Lichts mit Materie ausnutzen. Mit Hilfe eines sogenannten Jaynes-Cummings Dimers brachten sie eine kleine Menge Photonen dazu, sich zwischen zwei Resonatoren hin und her zu bewegen. Unter bestimmen Bedingungen ließ sich dabei das „einfrieren“ der Photonen zu einer Art Gitter beobachten. Nach Ansicht der Forscher bieten solche Manipulationen des Lichts die Chance, beispielsweise Materialien mit ganz neuen Eigenschaften zu entwickeln. Sie erlauben es aber auch, fundamentale Eigenschaften der Materie, von Atomen und Molekülen zu untersuchen.
Nadja Podbregar
Stand: 16.01.2015