Geologie/physische Geographie

Die Nordseeküste

Fluten, Sandbänke und Inseln

Dünen am Weststrand von Sylt © temporalata / CC-by-sa 2.0

Die Nordsee mit ihren vielen Sandstränden, dem Watt und den Dünen ist für viele der vertrauteste Zugang zum Meer. Vor allem die zahlreichen vorgelagerten Inseln erfreuen sich großer Beliebtheit. Geologisch betrachtet aber haben sie eine sehr wechselvolle, teilweise sogar katastrophale Geschichte hinter sich.

Eine Zeitreise

Ein Blick zurück in die Zeit vor rund 6.000 Jahren: Der Meeresspiegelanstieg nach der letzten Eiszeit lässt allmählich nach. Ebbe und Flut, aber auch Sturmfluten sorgen langsam aber sicher dafür, dass große Teile des Sands, der sich während der Kaltzeit beispielsweise im ausgetrockneten Ärmelkanal abgelagert hat, immer weiter Richtung Festland geschwemmt wird.

Mit der Zeit sammeln sich vor den Küsten gewaltige Mengen an Sand und anderen Sedimenten an. In einer dicken Schicht überziehen sie den flachen Meeresboden im Küstenvorland und bilden große Sandbänke, aber auch die Grundzüge der Wattlandschaften, die noch heute auf einer Länge von fast 500 Kilometern das Landschaftsbild in dieser Region prägen. Vor rund 3.000 Jahren sind Sylt und Amrum Teil eines langestreckten Sand- und Dünenwalls, der bis in Höhe der Eidermündung reicht und das dahinterliegende Gebiet einschließlich der Halligen vor dem offenen Meer schützt.

Veränderung der nordfriesischen Küste im Laufe der Zeit © MMCD NEW MEDIA

Von Sturmfluten geformt

Etwa um 1.000 nach Christus ändert sich die Situation wieder. Der Meeresspiegel steigt an und immer heftigere Sturmfluten beginnen an den Küsten und Stränden zu zerren. Innerhalb kurzer Zeit holt sich die Nordsee beispielsweise in Nordfriesland das zurück, was sie den Menschen vorher geschenkt hat. So auch 1362. Drei Tage lang, vom 15. bis zum 17. Januar, wütete die Zweite Marcellusflut, auch „Grote Manndränke“ genannt an der Nordseeküste. Meeresarme drangen weit ins Marschland vor, gewaltige Buchten entstanden, die Insel Strand zerbrach und ging in Teilen unter, Halbinseln wurden zu Inseln.

1634 sorgte eine zweite große Sturmflut dafür, dass heute nur noch die Halligen und Sylt, Föhr und Amrum als Vorposten des Festlandes übrig blieben. Riesige Flächen des zuvor über die Jahrhunderte mühsam dem Meer abgerungenen Marschlandes versanken in den Fluten – und blieben bis heute Teil des Meeres. In Ostfriesland brachen ebenfalls ganze Küstenbereiche ein und ließen Dollart und Jadebusen zu großen Buchten wachsen

Abgelagert von den Gezeiten

Aber nicht nur Stürm formten die Nordseeküste, auch Ebbe und Flut haben ihren Charakter geprägt. Denn die ständig wechselnden Wasserstände ließen an der flachen Küste weite, abwechselnd überflutete und trockengefallene Küstenbezirke, die Wattgebiete, entstehen. Je nachdem wie stark die Strömungen vor Ort sind, werden dort bei Flut mehr oder weniger kontinuierlich Sande oder feiner toniger Schlick abgelagert. An der Nordseeküste sind diese Watten bis zu 40 Kilometer breit. Sie bestehen aus einer zehn bis 20 Meter mächtigen Sedimentschicht, die seit dem Ende der letzten Eiszeit nach und nach auf das im Untergrund liegende Moränenmaterial aufgeschichtet wurde.

Die Ostfriesischen Inseln aus dem Orbit gesehen © NASA/MODIS

Geburt einer Inselgruppe

Während die nordfriesischen Inseln die kümmerlichen Reste eines einst durchgehenden Strandwalls sind, entstanden die Ostfriesischen Inseln quasi aus dem freien Meer. Wind, Wellen und Küstenströmungen ließen Sandbänke entstehen, die zunächst noch hin und wieder überschwemmt wurden. Mit der Zeit sammelten sich jedoch immer mehr Sedimente an und die nun immer höheren und stabileren Junginseln verfestigten sich. Nach und nach trudelten auch die ersten Tiere und Pflanzen ein. Im Laufe der Jahrhunderte erhielten die Inseln schließlich das uns vertraute Aussehen mit langen Sandstränden und schönen Dünengebieten.

Doch die Geschichte der Inseln ist noch lange nicht zu Ende. Wind, Gezeiten, Sturmfluten und Küstenströmungen sorgen dafür, dass auch heute noch beständig Sand abgelagert und abgetragen wird. Manche Inseln werden größer – Spiekeroog hat innerhalb von 100 Jahren vier Kilometer an Länge gewonnen – andere Inseln wandern mit den vorherrschenden Wind-und Wasserströmungen von West nach Ost. So liegt der Punkt, an dem die erste Kirche Wangerooges stand, mittlerweile metertief im Wasser.

Gelegentlich kommt es sogar vor, dass inmitten der Nordsee neue Inseln entstehen. So geschehen seit Mitte der 1970er Jahre östlich von Borkum, wo durch Aufspülungen aus einer ehemaligen Sandbank mittlerweile eine mehrere Kilometer lange und rund einen Kilometer breite Insel, die Kachelotplate, geworden ist…

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Stand: 20.06.2014

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In den Schlagzeilen

Inhalt des Dossiers

Strand
Fragiles Idyll aus Wellen, Sand und Wind

Was ist Sand?
Die Körner, die den Strand bedeuten, und ihre Entstehung

Wie Sandstrände entstehen
Bauwerke der Natur und künstliche Badeparadiese

Die Nordseeküste
Fluten, Sandbänke und Inseln

Die Ostseeküste
Von Haffs, Nehrungen und Strandhaken

Strände vor dem Ende?
Erosion bedroht Badeparadiese

Dünen, Trampelpfade und die Erosion
Die Folgen des Tourismus

Frischer Sand für die Strände
Sandvospülungen als Küstensanierung

Meeresspiegelanstieg sorgt für Strandsterben
Der Klimawandel und seine Auswirkungen

Formel für den perfekten Strand
Forscher untersuchen Küsten mit Fuzzy-Logik

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