Die Ölkrise im Jahr 1973 brachte nicht nur einen schwerwiegender Einbruch in der damaligen Wirtschaftslage mit sich. Sie setzte auch in der Energiepolitik Prozesse des Umdenkens in Gang, die der Nutzung der erneuerbaren Energien verstärkt Vorschub leistete. Technologisch gesehen geschah dies sowohl in horizontaler als auch in vertikaler Richtung.
Neben dem gängigen Konstruktionsprinzip des horizontalen Achsenaufbaus hatte der Franzose Darrieus bereits während der 30er Jahre einen Vertikalachsen-Rotor mit gekrümmtem profilierten Rotorblättern entwickelt, der an einen überdimensionalen Schneebesen erinnert. Seine Eigenschaften dienten den Technikern der Firma Dornier-System GmbH in Friedrichshafen nun im Jahre 1979 als Grundlage für die Entwicklung eines neuen Darrieus-Savonius–Rotors. Er wurde als Teststand mit einer Höhe von 17,5 Metern, einem Rotordurchmesser von 12 Metern und einer Nennleistung von 20 Kilowatt auf der Hallig Pellworm und in Comodoro Rivadavia, der Hauptstadt von Patagonien aufgestellt.
Der erneute Vorstoß in der modernen Windenergietechnik kam allerdings wiederum aus Dänemark, jenem kleinen Land, das über keine nennenswerten eigenen Energieträger verfügt – bis auf den Wind. Besonders hart getroffen von der Energiekrise, initiierte eine Privatinitiative in Tvind/Ulfborg an der dänisch-westjütländischen Küste 1978 die Errichtung der weltweit ersten Megawattanlage, eines Konverters mit 53 Metern Rotordurchmesser. Mit einer Nennleistung von 2000 Kilowatt bei Windgeschwindigkeiten von 14,5 Metern pro Sekunde stellte diese Anlage für lange Zeit nicht nur die größte Anlage, sondern auch die dienstälteste Großanlage der Welt dar. Auch heute läuft sie noch einwandfrei.
In anderen Ländern – Deutschland, Frankreich, Großbritannien – wurde der Weg hin zu der Megawatt-Windkraft durch staatliche Fördermaßnahmen bereitet. Insbesondere den hier geförderten Großanlagen war allerdings kein technischer und ökonomischer Erfolg beschieden..
1979 wurde die Errichtung einer Großwindanlage – GROWIAN – in der Nähe von Brunsbüttel beschlossen, zwei Jahre später erfolgte der erste Spatenstich. Mit einer Gesamthöhe von 150 Metern, einem Rotordurchmesser von 100 Metern und einer Nennleistung von drei Megawatt bei Windstärke vier war GROWIAN der bislang ehrgeizigste und teuerste Vorstoß der deutschen Windenergieforschung. Das Großprojekt nahm 1983 den Probebetrieb auf – und scheiterte kurze Zeit später. Frühzeitige Materialermüdung der Rotor-Pendelnabe schränkten den Versuchsbetrieb stark ein, und nach nur 420 Betriebsstunden musste die Anlage 1988 abgerissen werden.
Die Zeit war wohl (noch) nicht reif für die Megawattanlagen. Einen technologisch anderen Weg hatten derweil die Dänen beschritten. Sie setzten auf die Entwicklung und den großräumige Einsatz kleiner, robuster und preisgünstiger Anlagen im Leistungsbereich unterhalb 100 Kilowatt und verkauften Tausende dieser Anlagen nach Amerika. Im energiewirtschaftlich-steuerrechtlich günstigen Klima der Carter–Ära entstanden vor allem in den meteorologisch gut geeigneten Gebieten Kaliforniens riesige Windfarmen.
Der technische und kommerzielle Erfolg der Dänen beflügelte die ansässige Industrie so beträchtlich, dass sie über Jahre hinweg marktführend in der Windkrafttechnologie war. Ihre Strategie der Windkraftnutzung ging als das „Dänische Konzept“ in die Geschichte ein. Doch von den Stiefkindern dieser Zeit, den Megawattanlagen, gibt es nicht nur Negatives zu berichten. Das schwedische Pendant zu GROWIAN, MAGLARP, mit einem Rotordurchmesser von 78 Metern, wies unter den Megawattanlagen mit 19.767 Betriebsstunden doch eine beträchtlich höhere Lebenserwartung als GROWIAN auf. Es bleibt abzuwarten, was die Zukunft bringt. Die jüngste deutsche Nachkommenschaft der serienmäßig produzierten Megawatt-Generation ist kürzlich im nordrhein-westfälischen Grevenbroich vom Stapel gelaufen…
Stand: 06.04.2000