Im April 2020 hat die Bundesgesellschaft für Endlagerung (BGE) die Rückholpläne für den Atommüll in der Asse öffentlich vorgestellt. Nach diesen soll die Bergung der maroden Abfallbehälter und des radioaktiv verseuchten Inhalts der Kammern und Gänge im Jahr 2033 beginnen. Davor aber sind aufwändige Vorbereitungsarbeiten nötig.
Das Rückholbergwerk
Das Problem: „Die Schachtanlage Asse II ist baulich nicht geeignet, die radioaktiven Abfälle aus den 13 Einlagerungskammern zu bergen und nach über Tage zu bringen“, heißt es im Rückholungsplan der BGE. Denn die bestehenden Schächte sind teils versperrt, teils marode oder nicht groß genug, um die Atommüllbehälter inklusive ihrer strahlendichten „Umverpackungen“ sicher an die Oberfläche zu transportieren.
Deshalb muss ein eigenes Rückholbergwerk direkt neben der alten Asse II gebaut werden. Dieses besteht aus einem rund acht Meter breiten Hauptschacht, der rund 250 Meter östlich der nächstgelegenen Einlagerungskammer in die Tiefe getrieben wird. Über diesen rund 800 Meter tiefen Schacht soll schweres Gerät für weitere Grabungsarbeiten und für die Bergung des Atommülls nach unten gebracht werden. Geplant ist, diesen Schacht bis 2027 fertigzustellen.
Von diesem Hauptschacht aus werden Verbindungsgänge zur Schachtanlage Asse II vorgetrieben, außerdem unterirdische Räume für Kräne, Grabfahrzeuge und Bergeroboter, sowie für die Umverpackung der aus den Kammern geborgenen Atommüllbehälter. Insgesamt wird das Rückholbergwerk laut BGE rund 400.000 Kubikmeter Strecken und Infrastrukturräume umfassen. 2028 soll es fertig sein. Allein für diese Vorbereitungen schätzt die BGE die Kosten auf 3,35 Milliarden Euro – mindestens.
Kammern 7 und 8a machen den Anfang
Die eigentliche Rückholung beginnt ab dem Jahr 2033 mit zwei noch halbwegs zugänglichen und intakten Einlagerungskammern. Eine ist die Kammer 8a in 511 Meter Tiefe, in der gut 1.300 Behälter mit mittelradioaktiven Abfällen liegen. Um sie zu erreichen, wird von der Seite her ein neuer, mit Schleusen versehener Zugang angelegt. Über diesen werden dann ferngesteuerte Radlader oder Raupenfahrzeuge die Atommüllbehälter greifen und einzeln in spezielle Rückholbehälter legen. Anschließend werden diese in einer Schleuse mit einer zusätzlichen Umverpackung versehen und so zum Rückholschacht und über Tage gebracht.
Etwas aufwändiger ist die Bergung des Atommülls aus Kammer 7 in 725 Meter Tiefe. Denn in ihr liegen gut 8.500 Fässer mit schwach radioaktiven Abfällen kreuz und quer. Deshalb muss vor Beginn der Arbeiten die Kammer zunächst kartiert werden. Dann kommt eine an der Decke der Kammer befestigte ferngesteuerte Hängebahn zum Einsatz – ein Schienensystem, an dem Kräne, Bagger und anderes Gerät aufgehängt sind und über dem Atommüll schwebend bewegt werden können.
Mühsamer „Teilflächenabbau“ auf der 750-Meter-Ebene
Am schwierigsten und langwierigsten jedoch ist die Bergung der radioaktiven Abfälle aus den elf tiefsten Kammern des Bergwerks. Denn die 750-Meter-Sohle ist heute unzugänglich und größtenteils mit Salz verfüllt. Zudem haben sich die Kammern in diesem Bereich durch den Druck bereits stark verformt und viele Decken sind vermutlich geschädigt, so dass akute Einsturzgefahr herrscht. Deswegen sieht der Plan für diese Bereiche der Asse einen sogenannten Teilflächenabbau vor.
Dabei werden ein Zugangsschacht und eine Kaverne in das Salz über der Einlagerungskammer vorgetrieben. Ihr Boden wird durch Betonelemente stabilisiert, in die bereits Schienen für Hängebahnen integriert sind. Dann wird das Ganze wieder zugeschüttet und direkt darunter entsteht nun der eigentliche Zugangsweg zur Kammer. Die zuvor installierten Hängebahnen bilden die Decke dieses Gangs, über den nun eine erste Schicht des Atommülls mittels ferngesteuerte Greifer und Bagger geborgen wird.
Ist dieser Schritt abgeschlossen, geht das ganze Prozedere wieder von vorne los: Am Boden der aktuellen Ebene werden wieder Betonbefestigungen mitsamt Schienen ausgebracht, der Gang wird verfüllt und direkt darunter wird der nächste Zugang gegraben. „Durch den Teilflächenabbau werden für die Rückholung vergleichsweise kleine Hohlräume aufgefahren. Das kommt der Standfestigkeit und Stabilität des Grubengebäudes zu Gute“, erklärt die BGE. Nachteil ist allerdings, dass für jede Kammer mehrere dieser Zugangsschichten angelegt werden müssen – das kostet enorm viel Zeit.