Auch unter den „orphan diseases“ gibt es einige Krankheiten, die in ihrer Seltenheit hervorstechen und mit zum Teil höchst außergewöhnlichen Symptomen erstaunen. Manche dieser Krankheiten betreffen nur einige hundert Menschen weltweit und bei anderen gibt es sogar nur eine Handvoll Betroffene.
Fibrodysplasia ossificans progressiva
Diese seltene Krankheit geht mit einer fortschreitenden Verknöcherung von Strukturen des Binde- und Muskelgewebes einher – Betroffenen wächst sozusagen ein zweites Skelett über das Erste. Schon die kleinsten Gewebeverletzungen führen sofort zu einer Verschlechterung des Gesundheitszustands, da sich anstatt von neuen Gewebezellen neues Knochengewebe bildet. Bisher sind weltweit etwa 800 akute Fälle bekannt.
Eine einzelne Mutation im Gen eines bestimmten Rezeptors ist verantwortlich für das gesteigerte Knochenwachstum: Durch die Mutation kommt es zu einer Überaktivierung dieser Andockstelle, die sich auf vielen Körperzellen befindet und das Wachstum sowie die Entwicklung des Skelett koordiniert.
Hutchinson-Gilford-Progerie
Altern wie im Zeitraffer: Das ist nicht nur eine dystopische Vorstellung, sondern für etwa 200 Kinder auf der Welt die Realität. Sie altern etwa fünf bis zehnmal schneller als normale Menschen und sterben im Alter von circa 14 Jahren meistens an einem Herzinfarkt oder einem Schlaganfall. Eine Therapie um das beschleunigte Altern aufzuhalten gibt es bisher nicht.
Die Ursachen dieser Erkrankung sind vergleichsweise gut erforscht: Eine Genmutation führt zur Produktion von Progerin, einer defekten Variante des Strukturproteins Lamin-A, welches normalerweise die Membran des Zellkerns mitaufbaut. Die schützende Membran um die Chromosomen, die die gesamte Erbinformation tragen, ist nun geschwächt und verformt sich. Dadurch können zahlreiche Prozesse der Zellteilung, wie die DNA-Replikation, nicht mehr korrekt ablaufen.
Desmoplastischer Rundzelltumor
Von dieser extrem seltenen Krebsart sind seit der Erstbeschreibung 1989 nur einige Hundert Fälle weltweit bekannt. Der Tumor bildet sich vor allem im Bauchfell, welches das Innere des Bauchraums auskleidet, breitet sich in die Lymphknoten aus und streut hauptsächlich in die Leber. Bis der Tumor entdeckt wird, ist er meist schon sehr groß gewachsen und besitzt Eigenschaften, die ihn resistent gegen eine Behandlung mit Bestrahlung und Chemotherapie machen.
Die Ursache dieser seltenen Krankheit ist ebenfalls in den Genen der Betroffenen zu finden: Zwischen zwei unterschiedlichen Chromosomen findet ein Austausch eines DNA-Abschnitts statt, der ein neues Gen entstehen lässt. Dieses, so wird vermutet, ist für die Entstehung und das unkontrollierte Wachstum des Tumors verantwortlich.
Syndromale Mikrophthalmie Typ 5
Von dieser seltenen genetisch bedingten Krankheit sind bisher weniger als 20 Fälle weltweit beschrieben: Sie ist gekennzeichnet durch verschiedene Anomalien an den Augen und starken Verzögerungen der körperlichen Entwicklung. Außerdem sind Teile des zentralen Nervensystems wie der Hippocampus oder die Hypophyse fehlgebildet.
Ribose-5-Phosphat-Isomerase-Mangel
Seltener geht es nicht: Der genetisch bedingte Mangel des wichtigen Enzyms Ribose-5-Phosphat-Isomerase gilt als die seltenste bekannte Erkrankung. Bisher gibt es nur drei beschriebene Fälle von dieser schweren Stoffwechsel-Krankheit, die sich vor allem auf die weiße Substanz des Gehirns auswirkt.
Die Ribose-5-Phosphat-Isomerase spielt eine wichtige Rolle in einem Stoffwechselweg, der Teil der Umwandlung von Glucose zum chemischen Energieträger Adenosintriphosphat (ATP) ist. Die genauen molekularen Ursachen der Pathogenität sind noch nicht geklärt, doch die Patienten leiden aufgrund des fehlenden Enzyms an einer allgemeinen Entwicklungsverzögerung und haben eingeschränkte Kontrolle über ihre Bewegungen und Motorik.