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Jetzt haben wir alles zusammen, was wir für eine WM-Prognose benötigen. Wir wissen, dass jede Mannschaft Tore mit einer Wahrscheinlichkeit schießt, die der Poisson-Verteilung entspricht. Um diese Wahrscheinlichkeit auszurechnen, müssen wir nun lediglich die mittlere Toranzahl für jede Mannschaft herausfinden. Hier bietet es sich an, die durchschnittlich bei der letzten WM-Qualifikationsrunde erzielte Trefferanzahl für jedes Team als Spielstärke anzusetzen. Dadurch wird das aktuelle Leistungsvermögen der Mannschaften am besten reflektiert.
Die Durchschnittswerte für jedes Team sind in der Tabelle in den gelben Kreisen aufgeführt. Deutschland hat also die meisten Treffer pro Qualifikationsspiel erzielt, nämlich erstaunliche 3,6, gefolgt von den Niederlanden mit 3,4 und Ghana mit immerhin 3,1 Treffern pro Spiel. Da der Gastgeber Brasilien keine Qualifikationsspiele bestreiten musste, wurde hier die durchschnittliche Trefferanzahl des Confed Cups angenommen, der letztes Jahr in Brasilien stattfand. Hier erzielte die Seleção, die brasilianische Nationalmannschaft, immerhin 2,8 Treffer pro Spiel.
Der virtuelle Weg zum Finale
Nun kann die Simulation beginnen: Man errechnet einfach per Zufallszahlengenerator mit der Poisson-Verteilung eine Zahl von Toren, die eine Mannschaft erzielt und macht das Gleiche für den Gegner. So können also einzelne Partien per Computer „gespielt“ werden. Dies wird dann für alle Spiele in den WM-Gruppen durchgeführt, und man erhält die jeweiligen Tabellen, aus denen sich die Achtelfinalisten ergeben. Die Spiele bis zum Finale werden ebenfalls nach dem gleichen Schema berechnet, wobei auch eine mögliche Verlängerung und sogar ein Elfmeterschießen simuliert werden können. Am Ende ergibt sich dann schließlich der Weltmeister.
Dieser Weltmeister allein bedeutet allerdings noch nicht viel, da der Zufall hier eine sehr große Rolle gespielt hat. Je nach verwendeten Zufallszahlen wird möglicherweise ein anderes Team
den (virtuellen!) Titel erringen. Um diesen Effekt auszuschalten, muss nun das WM-Turnier sehr häufig, etwa 100.000 Mal, durchgespielt werden. Wenn sich dann Deutschland 15.000 Mal als Weltmeister ergibt, kann man dies als die Wahrscheinlichkeit von 15 Prozent für den Titelgewinn unserer Jungs ansehen.
Metin Tolan, TU Dortmund / DFG Forschung
Stand: 06.06.2014