Galileis Erfolge lassen nun sogar den Vatikan aufhorchen. Papst Paul V. und seine Kardinäle zeigen sich mehr als interessiert an seiner Person, aber auch an Galileis Entdeckungen. Und letztere scheinen gar nicht aufzuhören. Denn noch im Jahr 1610 erkennt Galilei mit dem Teleskop, dass auch der „Abendstern“, der Planet Venus, Phasen zeigt wie der Erdmond.
Ein brisantes Mitbringsel
Damit hat Galilei endgültig genug „Futter“ zusammen, als er 1611 zur Audienz nach Rom reist, um Paul V. und dessen Legaten Maffeo Barberini, einem bekennenden Galilei-Anhänger, seine Arbeit vorzustellen. Doch Galileis Mitbringsel sind nicht nur spektakulär, sie haben auch eine große Brisanz. Denn es handelt sich dabei wenigstens zum Teil um Indizien gegen das geo- und für das heliozentrische Weltbild. Jupitermonde, die nicht um die Erde kreisen, sondern um einen anderen Planeten, die Phasenwechsel der Venus: All dies widerspricht der Lehre des Aristoteles und dem christlichen Weltbild und kann ihm leicht als Ketzerei ausgelegt werden.
Doch die Kirchenfürsten zeigen sich bei Galileis Besuch nachsichtig, ja sogar überaus begeistert. Ihnen ist das heliozentrische Weltbild natürlich nicht fremd und diskutieren darf man darüber durchaus, man muss es nur als Modell oder Hypothese verkaufen und nicht als Wahrheit.
Streit um die Sonnenflecken
Doch Galilei nutzt seine neue Stellung beim Medici-Fürsten nicht nur um im Vatikan Werbung in eigener Sache zu betreiben. In den folgenden Jahren wendet er sich mit seinem selbstgefertigten Teleskop immer stärker einem neuen Forschungsobjekt zu: der Sonne. Dabei stößt er schnell auf merkwürdige Flecken, die über ihre Oberfläche hinweg zu ziehen scheinen.
Galilei gerät darüber in einen Disput mit dem deutschen Jesuiten Christoph Scheiner, der sowohl den Entdeckerruhm als auch die Erklärung für die Sonnenmakel für sich reklamiert. Während Galilei die Flecken für Wolken hält, geht Scheiner davon aus, dass es sich dabei um vorbeiziehende Monde oder andere Himmelskörper handelt. Unabhängig vom per Brief ausgetragenen Wissenschaftlerstreit, bestärken die Sonnenstudien und weitere Ergebnisse Galilei immer mehr darin, dass das heliozentrische Weltbild stimmt. Er beginnt deshalb, dieses immer eindeutiger – zum Teil auch öffentlich – zu vertreten.
Eis ist leichter als Wasser
1612 gelingt es Galilei dann erneut Aristoteles zu widerlegen. Dieses Mal im Fach Physik. Der Grieche hatte fast 2.000 Jahre zuvor behauptet: Eis bleibt an der Wasseroberfläche, weil es zwar mehr wiegt, aber dafür flach ist. Galilei jedoch kann unter Beisein von Barberini zeigen: Auch Kugeln aus Eis schwimmen, es liegt also nicht an der Form. Eis muss leichter sein als Wasser.
Mit solchen Resultaten macht sich Galilei allerdings nicht bei allen beliebt. Ganz im Gegenteil: die Zahl seiner Gegner steigt beständig. Von einem Dominikanerpater, Niccolo Lorini, wird er 1615 schließlich sogar wegen seiner „kopernikanischen Ansichten“ bei der Inquisition denunziert. So hatte Galilei zuletzt unter anderem in einem Manuskript mit dem Titel „Ebbe und Flut“ den Versuch gestartet, die Erdbewegung mithilfe der Passatwinde zu erklären. Ebbe und Flut dagegen hält er für Folgen der Erdbewegung. Er dachte schlicht und einfach, dass durch die Erddrehung das Wasser hin und her „schwappen“ würde. Erst Isaac Newton hat später diese Theorie als falsch entlarvt.
Galilei in Bedrängnis
Auf Befehl von Papst Paul V. muss Galilei daraufhin bei dem ihm wohl gesonnenen Jesuiten Kardinal Roberto Francesco Romolo Bellarmino in Rom erscheinen. Er erhält aber lediglich eine strenge Warnung, die Theorie von Kopernikus in Zukunft weder öffentlich zu vertreten noch zu verteidigen.
Galilei ist noch einmal mit einem „blauen Auge“ davon gekommen. Es ist aber ab jetzt Vorsicht geboten. Zumal die Schergen der Inquisition in Rom einige Monate später offiziell die Lehren des Kopernikus als falsch verurteilen und sein Hauptwerk „De Revolutionibus Orbium Coelestium“ suspendieren – solange bis es korrigiert worden ist. Andere Schriften, die das heliozentrische Weltbild propagieren oder in ihm keinen Widerspruch zur Heiligen Schrift sehen, werden sogar ganz verboten.
Galilei aber hat seine Lektion offenbar gelernt und schätzt die brisante Situation richtig ein. In den nächsten Jahren hält er sich mit Äußerungen zur Erdbewegung merklich zurück. Stattdessen widmet er sich wieder seiner Forschung und wird in der Folge unter anderem auch zum Konsul der Accademia Fiorentina, einem Zusammenschluss von Dichtern, ernannt.
Mein Freund der Papst
Im August 1623 ändert sich die Lage aus Sicht von Galileo Galilei schlagartig. Sein alter Weggefährte und Bewunderer, ja fast schon Freund, Maffeo Barberini wird zum Papst ernannt. Galilei nimmt dies zum Anlass, Urban VIII sein neues Buch „Il Saggiatore“ (Der Prüfer mit der Goldwaage) zu widmen, in dessen Mittelpunkt ein Streit mit dem Jesuitenpater Orazio Grassi über die Natur der Kometen steht. Galilei hofft, mit Urban VIII. endlich den gewünschten mächtigen Befürworter im Rücken zu haben, um die Menschen – und vielleicht sogar die Kirche – vom seinem Weltbild zu überzeugen. Doch er hat sich geirrt….
Stand: 30.04.2010