Im Jahr 1930 wurde die Takahe-Ralle für ausgestorben erklärt. Nur vier offizielle Sichtungen des etwa hühnergroßen Verwandten der Purpurralle während des 19. Jahrhunderts galten als nicht ausreichend, um den Fortbestand dieser Vogelart zu sichern. Sollte dies das Ende der einst ganz Neuseeland bevölkernden, flugunfähigen Takahe bedeuten?
Dr. Geoffrey Orbell glaubte nicht daran. In seiner Freizeit durchkämmte der Ornithologe unermüdlich die entlegensten Winkel des Fjordlandes auf der Südinsel – immer auf der Suche nach Lebenszeichen der Vögel mit dem prachtvollen blau-grün schimmernden Federkleid, den kurzen, kräftigen Beinen und dem imposanten rotleuchtenden Schnabel. Am 20. November 1948 dann die Sensation: In einem abgelegenen Tal nahe dem Lake Te Anau wurde Orbell fündig. Es war die erste Sichtung lebender Takahe-Vögel seit mehr als 50 Jahren. Unbemerkt von der Zivilisation hatten offenbar mehr als 250 Vertreter der größten Ralle der Welt in der Abgeschiedenheit der Murchison Mountains überlebt.
Rettung in letzter Minute
Bereits Anfang der 1950er wurde zum Erhalt der wiederentdeckten Takahe ein 500 Quadratkilometer großes Naturschutzgebiet rund um den Fundort, dem „Takahe Valley“ errichtet. Doch der Bestand der flugunfähigen Vögel blieb weiterhin stark gefährdet.
Bis 1982 schrumpfte die Population auf rund 116 Vögel. Gründe gab es viele. Zum einen war es sicherlich die natürliche Auslese. Durchschnittlich schlüpfen nämlich nur aus rund 80 Prozent der gelegten Eier auch Küken, von denen wiederum nur wenige den ersten Winter überleben. Tierische Jäger wie Hermeline, Wiesel und Ratten reduzieren die Überlebenschance der wenigen Jungtiere zusätzlich. Weitere Nachforschungen ergaben aber, dass insbesondere das in den 1940er und 1950er Jahren durch europäische Siedler eingeführte Rotwild den bis dato konkurrenzlosen Takahe ihre Nahrungsgrundlage, Lebensraum und Kinderstube – die weite, alpine Graslandschaft – streitig machten. Von dieser äußerst intensiven Begrasung konnte sich die Vegetation in den folgenden Jahren nur langsam erholen.
Auf Leben und Tod
Die Schutzmaßnahmen der Regierung Neuseelands durch das Department of Conservation wurden daraufhin weiter verschärft. Während Wildhüter versuchten, das Naturschutzgebiet von eingeschleppten Arten zu befreien, wurden Mitte der 1980er Jahre die ersten Eier künstlich ausgebrütet, um die in menschlicher Obhut heranwachsende Jungvögel später wieder in die Natur auszusiedeln. Doch diese Maßnahme erwies sich zunächst als totaler Fehlschlag. Die geschlüpften Küken waren so auf ihre Ersatzeltern fixiert, dass sie vermenschlichten und mit Artgenossen nichts mehr anzufangen wussten, geschweige denn paarten. Erst der Einsatz von handbemalten Vogel-Attrappen bei der Aufzucht brachte die Lösung.
Eine andere Schutzmaßnahme basiert auf der Umsiedlung von einigen Takahe-Pärchen auf vier Inseln vor der Küste Neuseelands. Mit Erfolg: Auf Maud Island (Marlborough Sounds), Mana Island (nahe Wellington), Kapiti Island (nördlich von Mana) und Tiritiri Matangi Island (Hauraki Gulf) leben heute rund 60 adulte Vögel – im Schutze völliger Isolation, ohne Raubtiere und Nahrungskonkurrenten. Jedoch balanciert der gesamte Restbestand von insgesamt rund 200 Takahe weiterhin am Rande des Aussterbens.
Steckbrief
- Familie: Rallenvögel (Rallidae)
- Artname: Porphyrio (früher Notornis) mantelli hochstetteri
- Verbreitung: Südinsel Neuseelands
- Lebensraum: alpine Graslandschaft, im Winter auch Wälder
- Körperhöhe: bis 50 Zentimeter
- Körpergewicht: bis drei Kilogramm
- Höchstalter: in Gefangenschaft bis 20 Jahre
- Ernährung: hauptsächlich Tussock- oder Bültgras, Samen, Baum-, Farn- oder Graswurzeln, gelegentlich Insekten und Schnecken
- Fortpflanzung:ein bis zwei Eier zwischen Oktober und Dezember; Brutzeit von rund 30 Tagen; beide Elternteile brüten; die Küken werden noch rund drei Monate nach Schlüpfen gefüttert
- Besonderes Merkmal: flugunfähig; Flügelrudimente
- Feinde: Nahrungskonkurrenz durch eingeführte Hirsche und Bejagung durch ebenfalls Hermeline und andere Raubtiere
- Bestand: 130 Vögel in Fjordland und weitere auf abgelegenen Inseln; Gesamtbestand im Jahr 2000 geschätzte 221 Individuen
Stand: 30.09.2003