Sie heißen Ryukyu, Yap, Tonga, Bougainville oder Sunda und sie haben eines gemeinsam: An ihrer tiefsten Stelle reichen diese Tiefseegräben über 6.000 Meter unter die Wasseroberfläche hinab. Rund 20 davon gibt es im Atlantischen, Pazifischen und Indischen Ozean und im Südpolarmeer. Die sechs gewaltigsten – Marianen-, Tonga-, Japan,- Kurilen-, Philippinen- und Kermadecgraben – haben sogar eine Tiefe von über zehn Kilometern und liegen alle im Pazifik.
Die meisten Tiefseegräben sind nur wenige Dutzend Kilometer breit, aber dafür oft mehrere tausend Kilometer lang. Typisch für sie sind zudem steil abfallende Felswände, die oft mit bizarren und schroffen „Auswüchsen“ gespickt sind. Der Boden der Tiefseegräben erinnert an eine trostlose Einöde und besteht vornehmlich aus einer dicken Schicht aus schlammigen Sedimenten. Nicht unbedingt eine Umgebung zum Wohlfühlen. Denn am Grund der Gräben es ist stockdunkel und auch die Wassertemperaturen liegen meist nur zwischen 1,2 und 3,6 Grad Celsius. Von dem enormen Druck ganz zu schweigen.
Plattentektonik als Ursache
Doch wie sind die gewaltigen „Macken“ in der Erdkruste entstanden? Und warum befinden sie sich gerade dort, wo sie entdeckt worden sind? Antwort auf diese Fragen liefert ein Blick in die Theorie der Plattentektonik. Danach gliedern sich die Erdkruste und die darunter liegenden obersten Mantelmaterialien in zwölf große Platten. Da diese Platten auf dem oberen, teilweise aufgeschmolzenen Erdmantel „schwimmen“ und beweglich sind, stoßen sie zusammen, tauchen untereinander ab oder gleiten aneinander vorbei.
Während an den Mittelozeanischen Rücken ständig neue Erdkruste produziert wird, gibt es auch Orte, an denen das Krustenmaterial wieder aufschmilzt und in der Tiefe verschwindet – ein klarer Fall von geologischem Recycling. Dies geschieht in so genannten Subduktionszonen. Dort taucht eine ältere und schwerere ozeanische Platte in einem Winkel von bis zu 90 Grad unter eine leichtere kontinentale oder eine andere ozeanische Platte ab.
An solchen Nahtstellen bilden sich deshalb nicht nur Vulkanketten oder hohe Gebirge wie die Anden sondern auch die Tiefseegräben. Der Marianengraben zum Beispiel ist durch die Kollision der Philippinischen und der Pazifischen Platte entstanden.
Gräben oder Rinnen?
Dabei ist es eigentlich falsch im Zusammenhang mit solchen Phänomenen von „Gräben“ zu sprechen – zumindest aus Sicht der Geowissenschaftler. Sie nennen diese Gebilde lieber „Rinnen“. Grund: Gräben sind laut Definition durch tektonische Kräfte verursachte Einsenkungen der Erdoberfläche, die durch Dehnung gebildet werden. Die Tiefseerinnen sind aber das Produkt einer gegeneinander gerichteten Drift von Kontinentalplatten.
Stand: 12.09.2008