Hunger, Entbehrungen und eine gnadenlos brennende Sonne begleiten die Seefahrer in den nächsten 110 Tagen. Der Großteil der verbliebenen Vorräte ist mit der San Antonio auf dem Weg nach Spanien.
Die Nahrung der Mannschaften besteht deshalb aus den Resten von altem Schiffszwieback, vermischt mit Maden und Rattenkot. In ihrer Not weichen die Männer sogar das steinharte Leder der Takelage ein und braten es dann über offenem Feuer. Ratten sind seltene Gäste und gelten als Delikatesse. Gelingt es sie zu fangen, werden sie zu Rekordpreisen in der Mannschaft gehandelt. Das Trinkwasser ist gelb und stinkt schon bald erbärmlich. Skorbut wütet in der Mannschaft und rafft viele Matrosen dahin. Ganze zwei unbewohnte öde Inseln sichtet die Flotte in der ganzen Zeit, die aber auch keine Linderung der Qualen bringen. Islas Degraciadas – Inseln der Unglücklichen – nennen Magellan und seine Begleiter sie deshalb.
Wirft man einen Blick auf die heutigen Karten, wird deutlich, wie unglücklich die Reiseroute gewählt war. Im großen Bogen hat Magellan fast die gesamt die polynesische Inselwelt umschifft. In unmittelbarer Nähe der Reiseroute befinden sich Dutzende von Inseln, die die Männer mit Trinkwasser und Nahrungsmitteln hätten versorgen könnten.
Erst am sechsten März 1521 kommt so der erlösende Ruf „Land in Sicht!“ vom Ausguck. Es sind aber noch immer nicht die ersehnten Gewürzinseln, auf denen sich die Seefahrer endlich mit Trinkwasser und Lebensmitteln eindecken können. Während des Aufenthaltes der Europäer auf Guam, einem Teil der heutigen Marianen, versuchen Insulaner ein Beiboot der Flotte zu stehlen. Islas de los Ladrones, nennt Magellan sie, die Diebesinseln. Er nimmt grausame Rache für den Diebstahl und lässt einige Eingeborene töten. Viele Häuser werden niedergebrannt.
Weiter geht die Fahrt der Flotte dann in Richtung Philippinen. Auf der Insel Cebu machen die Abenteurer am siebten April erneut halt. Wie Pigafetta eindringlich beschreibt, bietet Magellan den Menschen auf der Insel Freundschaft an. Aber die Europäer verzichten auch nicht darauf, mit unverhüllten Drohungen aufzutreten. „Wenn man unsere Freundschaft zurückweist, werden wir die ganze Insel zerstören“. Das macht Eindruck. Zumal diese und ähnliche Worte vom Knall der mächtigen Kanonen und den drohenden Musketen untermalt werden.
Die Einwohner teilen mit ihnen alles was die Insel zu bieten hat. Sogar ein Freundschaftvertrag wird abgeschlossen und Blutsbrüderschaft gefeiert. Auch der Tauschhandel kommt in Gang. Langsam erholen sich Mannschaft und Offiziere von den Strapazen der langen Reise. Welch eine Veränderung ist ihnen widerfahren. Vor kurzem noch als demoralisierte Meute Hungernder scheinbar verloren in der Wasserwüste des Stillen Ozeans treibend, sind sie plötzlich wieder die Machthaber, Herren über Leben und Tod.
Auch die Versuche Magellans, das Christentum einzuführen, sind auf Cebu anfänglich von großem Erfolg gekrönt. Der König von Cebu und viele seiner Untertanen lassen sich bereitwillig taufen. Vielleicht hat der Herrscher über die Insulaner auch nur erkannt, dass sich mit einer offenen Konfrontation nichts gewinnen lässt… Immer ungenierter treten die Weißen als Herren der Insel auf.
Mit der Gesundheit kehren auch die alten Streitigkeiten unter den Matrosen zurück. Die Kapitäne Barbosa und Serrano drängen auf die Weiterfahrt zum eigentlichen Ziel der Reise, die Gewürzinseln… Magellan aber geht seinem Missionarsdrang weiter nach.
Dann keimt unter den Einheimischen allmählich Widerstand auf. Aufmüpfige Einwohner einer der Nachbarinseln werden von den europäischen Eindringlingen bestraft. Das Dorf wird niedergebrannt und ein Holzkreuz errichtet zum Zeichen, dass die Bewohner Heiden waren. Aber die weitere Entwicklung lässt sich damit nicht mehr aufhalten. Zu sehr hatten sich Magellan und seine Männer in die Strukturen und Hierarchien der Cebu-Gemeinschaft eingemischt…
Stand: 05.06.2000