Entgegen den gerne und oft proklamierten Thesen des Nobelpreisträgers Linus Pauling, des notorischen Gesundheitsreisenden Dr. Rath und anderen selbsternannten Heilkundigen kann man bei Vitaminen durchaus auch „des Guten zuviel tun“.
Die fettlöslichen Vitamine
Insbesondere bei den fettlöslichen Vitaminen A, D und E können Überdosierungen sogar schwere Schäden nach sich ziehen. Daher hier ein Überblick über Wirkungen, empfohlene Tagesdosis, mögliche Überdosierungen und Einsatz in Functional Foods.
A (Retinol):
Funktion: Sehvorgang, Entwicklung und Differenzierung von Zellen,
Tagesbedarf: 0,8 – 1 Milligramm, das entspricht: 10 g Leber, 200 g Thunfisch, 300 g Mozarella oder 250 g Camembert oder aber entsprechenden Mengen an Beta-Carotin (s.u.)
Überdosierung: bei längerer Einnahme von mehr als 30 Milligramm am Tag, Symptome: Übelkeit, Reizbarkeit, unscharfes Sehen, Wachstumsverzögerungen, Leber- und Milzschäden, Haarausfall, Rheuma. Für Schwangere gilt der Grenzwert von maximal 3 Milligramm.
Zusatz in: In Limonaden (ACE-Drinks), Joghurts, Cerealien, Müsliriegeln, Tütensuppen, Tiefkühlkost. Hier liegt der zulässige Grenzwert bei 0,9 Milligramm pro Mahlzeit. In Margarine als Färbemittel zulässig in Dosierungen bis zu 10 Milligramm pro Kilogramm.
Beta-Carotin:
Funktion: Vorstufe von Vitamin A; natürliches Antioxidans
Tagesbedarf: 2-4 Milligramm, das entspricht: 50 g rote Paprika, Spinat oder Grünkohl, 100 g Möhren, 200 g Feldsalat oder 400 g Aprikosen
Bei Überdosierung wird überschüssiges Beta-Carotin in der Haut abgelagert, diese färbt sich gelblich-rötlich. Studien weisen erhöhtes Lungenkrebsrisiko für Raucher ab 20 Milligramm nach.
Zusatz in: als Färbemittel unter anderem in vielen Streichfetten. Als Provitamin A in vielen Getränken, Cerealien, Süßwaren (Fitnessriegel). Das Beta-Carotin wird heute teilweise gentechnisch hergestellt.
D (Calciferol):
Funktion: Knochen- und Zahnbildung, Kalzium-Stoffwechsel, Mangelkrankheit: Rachitis
Tagesbedarf: 5-10 Mikrogramm, das entspricht: 2 Eiern, 100 g Avocado, 20 g Hering, 150 g Champignons, 150 g Schmelzkäse, wird bei Sonneneinstrahlung in der Haut gebildet.
Überdosierung: ab 500 Mikrogramm möglich, Symptome: Übelkeit, Gewichtsverlust, Reizbarkeit, aber auch Verzögerung der geistigen und körperlichen Entwicklung bei Kindern, Kalziumentzug aus Knochen und Gewebe.
Zusatz in: Wird als Zusatz in Margarine eingesetzt, ist hier begrenzt auf bis zu 25 Milligramm pro Kilogramm. Als Zusatz in Milchpulver zur Säuglingsnahrung in Dosierungen bis zu 15 Mikrogramm pro Liter, in diätetischen Lebensmitteln (Fitnessriegel, Multivitamingetränke) begrenzt auf 1,6 Milligramm pro Mahlzeit.
E (Tocopherol):
Funktion: Natürliches Antioxidans, wichtige Rolle im Fett- und Proteinstoffwechsel, mindert Risiko für Blutgerinnsel
Tagesbedarf: Normalerweise 6-8 Milligramm, bei gleichzeitiger Einnahme von vielen ungesättigten Fettsäuren erhöht sich dies auf 12-15 Milligramm, das entspricht: 25 g Sonnenblumenöl, 50 g Haselnüssen, 120 g Erdnüssen, 100 g Vollkornkeksen, 200 g Tomatensalat
Überdosierung: ab etwa 3.000 Milligramm möglich, Symptome: Kopfschmerzen, Übelkeit, vermehrte Blutungsneigung, Im Tierversuch treten Störungen im Vitaminhaushalt auf.
Zusatz in:ACE-Drinks, Cerealien, Müsliriegel, Tütensuppen, Tiefkühlkost. Tocopherol (E306) ist ohne Höchstmengenbeschränkungen für Lebensmittel zugelassen und wird als Konservierungs- und Antioxidationsmittel zugesetzt.
K (Phyllochinon):
Funktion: Blutgerinnung, Knochenbildung
Tagesbedarf: 60-80 Mikrogramm (bei Osteoporose, Krebs oder chronischen Darmerkrankungen deutlich mehr), das entspricht: 20 g Blattspinat, 5 g Sauerkraut, 15 g Rosenkohl, 10 g Petersilie, 150 g Spargel oder Kartoffeln
Überdosierung: erst ab der 50fachen Tagesdosis, meist keine Nebenwirkungen.
Zusatz in: Gilt nicht als Zusatzstoff und ist daher ohne Höchstmengenbeschränkungen für Lebensmittel zugelassen
Die wasserlöslichen VItamine
Im Gegensatz zu den fettlöslichen Vitaminen bestehen bei den wasserlöslichen Vertretern dieser Stoffgruppe kaum Risiken einer Überdosierung. Geringere Überschüsse werden in der Regel über die Nieren ausgeschieden. Dennoch werden auch hier negative Effekte von zu hohen Dosen diskutiert.
B1 (Thiamin):
Funktion: Nerven, Kohlenhydratstoffwechsel, Glykogenspeicherung, Mangelkrankheit: Beriberi
Tagesbedarf: 1,0 – 1,3 Milligramm (bei Stress, Rauchen, Pille, Schwangerschaft, Leistungssport erhöht auf 5 – 10 Milligramm), das entspricht: 120 g Schweinefleisch, 450 g Vollkornbrot, 50 g Sonnenblumenkernen, 200 g Haferflocken,
Überdosierung: Kein Risiko, Überschuss wird über die Nieren ausgeschieden, erst bei 1.000 facher Überdosis droht Schock.
Zusatz in: Süßwaren (Fitnessriegel), Cerealien, Multivitaminprodukte
B2 (Riboflavin):
Vorkommen als Komplex aus Riboflavin, Folsäure, Niacin und Pantothensäure
Funktion: Coenzyme im Protein- und Energiestoffwechsel, Nervensystem, Hormonregulierung
Tagesbedarf: 1,2 – 1,5 Milligramm, das entspricht: 60 g Rinder- und Schweineleber, 4 Eiern, 270 g Camembert, außerdem in Milch, Milchprodukten, Fleisch, Innereien.
Überdosierung: Keine Nebenwirkungen bekannt.
Zusatz in: In Süßwaren (Fitnessriegel), Cerealien, Multivitaminprodukten. Wird als Gelb-Färbemittel für Cremespeisen, Desserts, Speiseeis, Süßwaren, Käse, Mayonnaise, Suppen und Nudeln eingesetzt und ist ohne Höchstmengenbeschränkungen für Lebensmittel zugelassen. Teilweise stammt das Riboflavin aus gentechnischer Herstellung.
Folsäure (Pteroylglutaminsäure):
Vitamin der B-Gruppe
Funktion: Blutbildung, Abbau der Säure Homocystein, Zellstoffwechsel
Tagesbedarf: 0,4 Milligramm, Schwangere bis 0,6 Milligramm, das entspricht: 25 g Bierhefe, 60 Weizenkeime, 90 g Rinderleber, 380 g Spinat, 250 g Nüsse
Überdosierung: ab ca. 15 Milligramm, Symptome: allergische Reaktionen, Magen-Darm-Störungen, Schlaflosigkeit, Nervosität, Folsäure mindert die B12 Aufnahme, Wechselwirkungen mit krampflösenden Mitteln bei Epileptikern
Zusatz in: Anreicherung von Mehl und Cerealien in den USA seit 1996 mit 1,4 Milligramm Folsäure pro Kilogramm, in Kanada seit 1998, in Deutschland in Süßwaren (Fitnessriegel), Cerealien, Multivitaminprodukten, Vollkornkeksen. Ist in Deutschland ohne Höchstmengenbeschränkung für Lebensmittel zugelassen.
Niacin (Nicotinamid,Nicotinsäureamid, früher B3):
Funktion: Zellatmung, Kohlenhydrat- und Eiweissstoffwechsel, Regeneration von Haut, Muskeln, Nerven und DNS, Mangelkrankheit: Pellagra
Tagesbedarf: 13-17 Milligramm, das entspricht: 200 g Lachs, 150 g Pute, 110 g Kaffeebohnen, 300 g Champignons, wird vom Körper auch aus Proteinbestandteil Tryptophan synthetisiert
Überdosierung: erst ab dem 50fachen der Tagesdosis, Symptome: Rotwerden, Kopfweh, Krämpfe, Übelkeit, Juckreiz, Leberschaden, Darmschwierigkeiten
Zusatz in:Süßwaren (Fitnessriegel), Vollkornkekse, Cerealien.
Pantothensäure:
Vitamin der B-Gruppe
Funktion: Zellstoffwechsel, Nervensystem, fördert Wundheilung, Hormonbildung
Tagesbedarf:6 Milligramm, das entspricht: 2 Eiern, 1,7 Liter Milch, 170 g Sonnenblumenkernen, 80 g Bierhefe, Vorkommen in den meisten pflanzlichen und tierischen Produkten.
Überdosierung: ab 10 Milligramm Darmstörungen möglich
Zusatz in: Süßwaren (Fitnessriegel), Cerealien, Multivitamingetränke.
B6 (Pyridoxin):
Funktion: Eiweissstoffwechsel, Leberstoffwechsel, Nervensystem, Blutbildung
Tagesbedarf: 1,2 – 2 Milligramm, das entspricht: 60 g Keime, 250 g Lachs, 400 g Avocado, außerdem in Vollkornprodukten, Fleisch, Spinat, Milchprodukten.
Überdosierung: Bei Ratten wurden Leberschäden nachgewiesen
Zusatz in: Süßwaren (Fitnessriegel), Cerealien, Multivitaminprodukte
B12 (Cobalamin):
Funktion: Zellwachstum und –teilung, Nervensystem, Blutbildung
Tagesbedarf: 2 –3 Mikrogramm, das entspricht: 2 g Rinderleber, 2 Eiern, 35 g Makrele oder Hering, 300 g Speisequark, 95 g Camembert, außerdem in weiteren Lebensmitteln tierischer Herkunft
Überdosierung: Keine Nebenwirkungen bekannt
Zusatz in: Süßwaren (Fitnessriegel), Cerealien, Multivitaminprodukte, teilweise stammt das Cobalamin aus gentechnischer Herstellung
C (Ascorbinsäure):
Funktion: natürliches Antioxidans, Eisenverwertung, Immunsystem, Zellstoffwechsel, Bildung von Bindegewebe und Knochen, Zahnerhaltung, Mangelkrankheit: Skorbut
Tagesbedarf: 100 Milligramm (bei Stress, Sport, Schwangerschaft u.ä. bis zu 150 Milligramm), das entspricht: 15 g Sanddorn, 40 g Schwarze Johannisbeere, 70 g Paprika, 120 g Zitrusfrüchte, 150 g Kiwi, außerdem in weiteren Früchten und Gemüsen.
Überdosierung: empfohlene Höchstdosis 2.000 Milligramm, darüberhinaus Risiko der Nierensteinbildung, Hemmung der B12-Aufnahme.
Zusatz in: ACE-Drinks, Joghurts, Teemischgetränke, Cerealien, Tütensuppen, Tiefkühlkost, Süßwaren. Ascorbinsäure (E300) ist ohne Höchstmengenbeschränkungen für Lebensmittel allgemein zugelassen und wird oft als Konservierungs- und Antioxidationsmittel zugesetzt. Inzwischen wird Ascorbinsäure häufig auch gentechnisch hergestellt
Stand: 22.02.2008