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Zeit seines Lebens ging Kolumbus davon aus, den Seeweg nach Indien gefunden zu haben. Schon wenige Jahre später konnte jedoch Fernando Magellan bei seiner ersten Weltumseglung beweisen, dass Kolumbus irrte und er in einer Neuen Welt, in Amerika, gelandet war. Doch auch hier war er nicht der erste Europäer.
Ein Wikinger auf Abwegen
Grönland vor mehr als 1.000 Jahren. Dort, wo heute ein dichter allumfassender Panzer aus Schnee und Eis die Insel überzieht, war das Klima damals deutlich angenehmer und wärmer. Um zwei bis vier Grad Celsius höher als jetzt lagen die Duschschnittstemperaturen zwischen 900 und 1350 nach Christus – auf Grönland und auch in anderen Teilen Nordeuropas.
Die Wikinger nutzten die guten Bedingungen, die sich ihnen boten, um zunächst Island zu besiedeln und dann noch weiter nach Nordosten vorzudringen. Erik der Rote, ein wilder Geselle, der angeblich wegen Mordes aus seiner Heimat verbannt worden war, erreichte zusammen mit über 30 Männern auf seinem Schiff schließlich eine riesige Insel. Er fuhr die Küste entlang – immer auf der Suche nach einem guten Lager- und Siedlungsplatz.
In einem tief in die Küste eingeschnittenen Fjord an der Wesküste entdeckten die Wikinger um das Jahr 975 schließlich fruchtbares Weideland. Erik der Rote nannte die Insel „grünes Land“ – Grönland. So schnell es ging holte er seine Familie und viele andere Wikinger nach und gründete eine Siedlung.
Doch auf Grönland mangelte es an Bäumen für den Haus- und Bootsbau. Da kam den Wikingern der Zufall zur Hilfe. Bjarne Herjolfsson, ein Holzhändler aus Norwegen, geriet bei seiner Fahrt von Island nach Grönland in einen schweren Sturm und wurde weit nach Westen in unbekannte Gefilde verschlagen. Plötzlich entdeckte er an einer auftauchenden Küste Wiesen und Wälder.
Von Grönland nach Vinland
Nachdem er sich nach Grönland zurück gekämpft hatte, berichtete er Erik von seinen Erlebnissen. Schon wenige Jahre später ging dann Leif Eriksson, der Sohn des Grönland-Entdeckers, der Sache auf den Grund. Zusammen mit einigen Männern an Bord seines Schiffes stach er Richtung Westen in See und sichtete schließlich in Höhe der heutigen Baffin-Insel Amerika. Das sollte das versprochene Paradies sein? Nur Steine weit und breit. Doch Eriksson ließ sich nicht entmutigen und drang weiter nach Süden vor.
Endlich entdeckten die Wikinger vor der Küste von Neufundland eine Bucht, in der es günstige Bedingungen mit mildem Wetter, Wäldern und üppigem Weideland gab. Sie tauften es Vinland, Weinland. Dort bleiben sie für Monate und bauten sogar eine kleine Ortschaft auf.
Alles nur Sage oder Legende? Weit gefehlt. Die mehr als 400 Jahre lange Warmzeit haben Klimaforscher längst belegt. Und für die Entdeckung Amerikas durch die Wikinger gibt es ebenfalls archäologische Beweise. Der norwegische Forscher Helge Ingstadt grub an der Nordspitze Neufundlands bei Anse-aux-Meadows eine rund 1.000 Jahre alte nordische Siedlung aus.
Die Bauweise der Häuser, aber auch einige gefundene Werkzeuge wie eine Nadel aus Knochenmaterial oder eine Spinnwirtel – ein Schwunggewicht einer Spindel – aus Speckstein überzeugten die Forscher: Kolumbus kam 500 Jahre zu spät.
Entdeckten Chinesen Amerika?
Immerhin noch mehr als 70 Jahre früher als der gefeierte Amerika-Entdecker Kolumbus kamen die Chinesen unter ihrem Admiral Zheng He als Zweite in die „Neue Welt“ – zumindest wenn die Theorie des Autors Gavin Menzies stimmt, die er in seinem Buch „1421 – Als China Amerika entdeckte“ vorstellt. Menzies hatte zuvor unzählige historische Dokumente gesichtet und dabei Widersprüche in der bisherigen Geschichtsschreibung entdeckt.
Anhand von zahlreichen Indizien versucht er deshalb zu belegen, dass Zheng He in den Jahren 1421 bis 1423 eine Weltumseglung gelungen ist, bei der er alle Kontinente und auch Amerika zu Gesicht bekam. Doch das ist längst noch nicht alles. Nach Ansicht von Menzies besaßen die großen europäischen Seefahrer wie Kolumbus, Magellan oder Cook chinesische Karten, die sie bei ihren Entdeckungsfahrten erst auf die richtige Spur brachten.
Unterstützung bekam Menzies durch den chinesischen Anwalt Liu Gang. Der präsentierte vor kurzem die Kopie einer uralten chinesischen Karte aus dem Jahr 1418, auf der bereits alle Kontinente zu erkennen sind.
Unter Historikern unbestritten ist, dass es Zheng He tatsächlich gab und er mit seiner Flotte vermutlich auch weit herumgekommen ist. So soll er beispielsweise Borneo und vermutlich auch die Ostküste Afrikas bereist haben. Ob aber Menzies Theorie stimmt und ob die Karte von Liu Gang echt ist, bezweifeln sogar chinesische Forscher…
Stand: 19.05.2006