Irgendwo zwischen Island und den Azoren: Glattes Meer, weit und breit kein Land in Sicht – scheinbar harmlos präsentiert sich dieses Gebiet mitten im Nordatlantik. Doch der Schein trügt: Diese Meeresidylle ist die Schlechtwetterküche Europas. Hier braut sich das zusammen, was uns Tage später Regen, Kälte und schlimmstenfalls sogar Sturm bringt. Denn Azorenhoch und Islandtief sind die beiden Köche, die das Wetter Europas bestimmen.
Bahn frei nach Europa
Von der Lage und den Druckunterschieden zwischen diesen beiden mächtigen Systemen hängt es ab, ob es in Mitteleuropa regnet, stürmt, schneit oder vielleicht sogar die Sonne scheint. Erstreckt sich ein starkes Azorenhoch weit nach Nordosten, verschiebt sich auch die „Einflugschneise“ der Tiefdruckgebiete, die von Island oder dem Nordpolarmeer kommen, weiter Richtung Pol. In Mitteleuropa ist das Wetter gut, während Nordeuropa meist unter den Einfluss der Tiefs gerät und viele Niederschläge abbekommt. Wird dagegen das Azorenhoch nach Süden abgedrängt, gelangen mit den Westwinden Tiefausläufer nach Mitteleuropa und werden dort wetterbestimmend – so wie in diesem Sommer.
Was aber lässt diese beiden Systeme entstehen? Und warum liegen sie ausgerechnet dort? Schuld daran ist ein Aufeinandertreffen der Gegensätze: Kaltluft gegen Warmluft, Hochdruck gegen Tiefdruck. Im Norden, wo die Sonne sich rar macht, ist es kalt. Und die niedrigen Temperaturen lassen den Luftdruck sinken: Wie eine klamme, feuchtkalte Decke überzieht die polare Luftmasse die Nordhalbkugel. Bis südlich von Island reicht der Einfluss kalter Luftmassen. Im Süden dagegen, nahe dem Äquator, herrscht wärmstes Badewetter. Warme Luft steigt hier auf und macht sich, angetrieben von den globalen Luftströmungen, auf den Weg nach Norden. Dabei erhält sie durch die Erddrehung einen „Spin“, sie wird nach Osten abgelenkt.
Von der Welle zum Wirbel
Irgendwo zwischen Island und den Azoren ist es dann soweit: Die Richtung Nordosten heranströmende Tropenluft trifft auf die dichte kalte Polarluft. Diese ist, ebenfalls abgelenkt durch die Erddrehung, auf direktem Konfrontationskurs, denn sie zieht es nach Südosten. Das Resultat ist vorprogrammiert: Beide Luftmassen prallen aufeinander, eine Front entsteht. Da keiner ausweichen kann, schiebt sich die leichtere Warmluft über die dichtere, kalte Polarluft. Dabei wird sie, angetrieben durch ihren „Spin“, weiter Richtung Nordosten abgedrängt. Als Folge beginnt die Luftmassengrenze Wellen zu schlagen, an einigen Stellen gerät das Frontalgebiet sogar ins Trudeln. Die Geburt eines Tiefdruckgebiets kündigt sich an.
Nadja Podbregar
Stand: 17.08.2012